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Im Schlußworte bedauert der Berichterstatter
Abgeordneter Beda die ablehnende Haltung der Ver-
treter der Sozialdemokratie zu Punkt 4 und § unter Hin-
weis darauf, daß „namentlich im Rheinland und in West-
falen sich Arbeitersekretäre gerade dafür ausgesprochen und
dort in der Presse gesagt haben, es herrsche ein Heiß-
hunger hinsichtlich des Eigenbesitzes von Woh-
nungen. Ebenso sei in der Deputation betont worden,
auch der Arbeiterkongreß in Berlin habe 1913 darauf hin-
gewiesen, wie wichtig es sei, daß diese Kleinwohnungen mit
Gartenwirtschaft gefördert würden im Interesse des Sied-
lungobesitzers selbst.“ Er schloß mit den Worten:
„Wir wollen nur hoffen, daß das in den Anträgen
Stehende den Beteiligten nicht zur Plage, sondern zum
reichsten Segen sein möge.“
Die Abstimmung ergab einstimmige Annahme von Punkt
1—3 und 4a, Annahme von Punkt 4b und s gegen
23 Stimmen (der Sozialdemokraten).
§. Nachdem auch die Erste Kammer diesem Antrag am
25. Oktober 1916 in der 35. Sitzung (Mt. der 1. Kammer
Nr. 35 S. 74 ff.) zugestimmt hatte, erließ die Kgl. Staats-
regierung das Sächsische Ansiedlungsgesetz vom s. Mai
916 sowie unter dem 9. November 1916 die Aus-
führungsbestimmungen hierzu nebst Begrün-
dung und unter dem 3. Mai 1917 eine Anleitung
für die bei der Ansiedlung von Kriegsteilnehmern mitwir-
kenden Behörden. Auf letztere kommen wir in dem Abschnitt:
die Landessiedlungsstelle und das Siedlungswerk noch zu
sprechen, auf die Ausführungsbestimmungen nebst Begrün-
dung haben wir in dem Abschnitt: Zentralstelle für Woh-
nungsfürsorge usw. bezug genommen.
b) Die Verhandlungen zwecks Beteiligung an der Landessiedlungs-
gesellschaft „Sächsisches Heim“
Im engsten Zusammenhange mit dem eben behandelten
Gegenstande steht die Beschlußfassung über Mittelgewährung
als staatlichen Anteil bei der
Landessiedlungsgesellschaft
„Sächsisches Heim“.
Es waren zwei Millionen Mark angefordert. Sie wurden
in beiden Kammern des Sächsischen Landtags einstimmig
bewilligt.
1. Aus den Ausführungen dazu in der Zweiten
Kammer in der 77. Sitzung am 21. Mai 1017 (Lotgs.
M. Nr. 77 der 2. K. S. 2365/6):
Berichterstatter Abgeordneter Dr. Seyfert:
„Meine Herren! In Titel Sb des Nachtrags zum außer-
ordentlichen Staatshaushaltplane werden zwei Millionen
Mark gefordert zur Kapitalbeteiligung des Staates an der
Landessiedlungsgesellschaft „Sächsisches Heim“. Der Zweck
dieser Bewilligung ist vor allen Dingen durch das Gesetz
vom F. Mai 1916 festgelegt. Nach diesem Gesetzentwurf ist
die Kreishauptmannschaft Dresden als die Generalkommis-
sion für Ablösungen und Gemeinheitsteilungen zur Landes-
siedlungsstelle ernannt worden. Sie hat ibre Vorarbeiten
für die wichtige Aufgabe bereits begonnen. Nunmehr soll ihr
eine Landessiedlungoagesellschaft zur Seite treten,
die den Namen führt „Sächsisches Heim, Gesellschaft mit
beschränkter Haftung“. Die Gesellschaft soll un Juni ins
Leben gerufen werden. Die Satzungen, die für diese Gesell-
schaft gelten sollen, sind entworfen. Es liegt ja nahe,
welche Gesichtspunkte sic enthalten. Es handelt sich um die
Mithilfe der Gesellschaft bei der Durchführung des Ge-
setzes, das ich bereits erwähnte. Es sollen Siedlungen für
die Kriegsteilnehmer und deren Angehörige geschaffen wer-
den. Die dazu eingehenden Gesuche müssen geprüft, die
Auswahl unter den Bewerbern getroffen werden; die Be-
werbungen um die Siedlungen sollen beraten und vor allen
Dingen soll das ganze Unternehmen mit Geld gestützt wer-
den. Die geldwirtschaftliche Seite der Frage ist eine der
wesentlichsten Aufgaben der neuen Landessiedlungsgesell-
schaft. Sie soll eine Gesellschaft auf gemeinnütziger Grund-
lage sein, ein höherer Gewinn als 4% Dividende soll aus
dem Unternehmen nicht hervorgehen könmen.
Zu dieser Gesellschaft sollen gehören alle diejenigen, die
Mittel bereitstellen für den genannten Zweck, in erster Linie
der Staat selbst, der jetzt zwei Millionen anfordert, um sich
an dem zu gründenden Kapitale zu beteiligen. Außerdem
werden der Gesellschaft beitreten die Bezirksverbände, die
bezirbsfreien Städte, die Berufsgenossenschaften, freie soziale
Vereinigungen, allen voran der Heimatdank, der Frauen-
dank und schließlich auch gemeinnützig arbeitende Einzel-
personen, die Kapital für diesen Zweck zur Verfügung stellen
wollen. Das Kapital soll zunächst auf fünf Millionen Mark
festgesetzt werden. Die außer den zwei Millionen noch nötigen
drei Millionen sind, soweit der ODeputation berichtet worden
ist, erfreulicherweise bereits voll gezeichnet, ja, es ist eine
Überzeichnung zu erwarten.
Der Zweck des Unternehmens ist von uns durch die ein-
stimmige Annahme des Gesetzes gebilligt worden. Es ist
deshalb sinngemäß, wenn die hohe Kammer die Bewilligung
ausspricht.“
Die Genehmigung erfolgte debattelos und einstimmig.
2. Aus den Ausführungen dazu in der Ersten
Kammer in der 44. Sitzung am 8. Juni 1917. (Eotg.
M. 1. Kammer Nr. 44 S. 66fdl.):
Standesherrschaftsbesitzer Dr. Naumann,
1. Vorsitzender des Landesverbandes Königreich Sachsen des
Bundes Deutscher Bodenreformer (vgl. Seite 298):
„Meine sehr geehrten Herren! Die Einstimmigkeit, mit
der diese Vorlage, fast wie selbstverständlich, in der Zweiten
Kammer angenommen ist und wie sie wohl auch hier an-
genommen wird, zeigt besser als alle Polemik, wie fest der
Gedanke der Heimstättenbewegung in den Herzen aller, die
unser Volk liebhaben, Wurzel gefaßt hat. Der Regierung
gebührt aber hoher Dank für die Energie, mit der sie den
Gedanken fortentwickelt hat und nicht dabei stehengeblieben
ist, einfach das Heimstättengesetz in die Welt zu setzen. Er-
hebend ist es auch, wie wir eben gehört haben, daß sich das
Piivatkapital so freudig in den Dienst der Sache gestellt
hat und das für notwendig gehaltene Kapital bereits über-
zeichnet worden ist. Auch viele kleine Leute haben in kleinen
Teilbeträgen dem Landesverbande sächsischer Bodenreformer
Geld zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt und haben so
bewiesen, daß sie auch bereit sind, für ihre Ideale mit dem
Geldbeutel einzutreten: Aber, meine Herren, damit ist die
Kette der notwendigen Maßnahmen doch noch nicht ge-
schlossen.
Die Voraussetzungen für alle und jede Siedlung sind die
Menschen, welche gesiedelt werden sollen und wollen, und
das Land, auf welchem gesiedelt werden soll. Wenn auch
unter den Männern im Schützengraben der Siedlungs-
gedanke festen Fuß gefaßt hat und zu einem dauernden
Gesprächsstoff geworden ist, so zeigen doch die Erfahrungen,
welche auch ich draußen gemacht habe — und ich habe
für den Gedanken, wo ich konnte, Propaganda gemacht —
daß es weitgehender Aufklärung noch bedarf, um das Miß-
trauen zu entkräften, welches von den Leuten gehegt wird
und dahin geht, daß hinter der ganzen Bewegung ein selbst-
süchtiges Interesse des Unternehmertums steckt, und daß den
Arbeitern in ihrer Bewegungsfreiheit eine Fessel angelegt
werden soll.
Gerade die äußerste Linke ist es ja, welche dieses Miß-
trauen zu stärken sucht, die äußerste Linke, welche noch auf