Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

gewendet werden mußten, worin die Kosten der allgemeinen 
Landesbewaffnung und der Kriegsschäden nicht inbegriffen 
sind, die auf mindestens das dreifache zu schätzen waren, 
für iene Jeit kaum geringere Summen als die jetzigen Mil- 
iarden. 
In Leipzig zuerst, dann in Freiberg, in Dresden, in Zittau 
und anderen Städten bildeten sich solche „Vereinigungen 
edler Frauen und Mädchen zur Unterstützung der für die 
gerechte Sache Kämpfenden und Leidenden“. Unbemittelte 
Jünglinge sollten Unter- 
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tätigkeit des Vaterlandes zu erhalten — hofft man zu 
erreichen, indem man Invaliden, welche ein Handwerk 
zu betreiben berechtigt, jedoch sich das nöthige Handwerks- 
zeug und Material anzuschaffen außer Stande sind, 
hierzu mit dem erforderlichen Gelde oder doch mit einem 
bedeutenden Beytrage zu den Kosten versieht; Witwen, 
die Gelegenheit haben, irgend ein Gewerbe, z. B. einen 
Höker= und Obstkram und dergleichen anzufangen, etwas 
zur Anlage desselben gibt. Für Knaben, welche bey einem 
Lehrherrn ein Handwerk 
  
stützung für Ausrüstung und 
Waffen, Berwundete Pflege, 
die armen Familien der im 
heiligen Kampfe Gefallenen 
Hilfe erhalten. Wenn die 
Kriegsinvaliden-Fürsorge 
da zunächst nicht erwähnt 
wird, so ergab sie sich doch 
schließlich von selbst, wie 
z. B. aus der Bekannt- 
machung des Generalinten- 
danten der Kgl. Sächsischen 
Armee vom 30. Juli 1815 
aus Dresden hervorgeht. 
Es wurden nämlich in 
Dresden von den Rück- 
ständen der eingelaufenen 
freiwilligen Gaben, die nach 
  
oder eine Kunst erlernen 
sollen, die bey der Auf- 
nahme in die Lehre er- 
forderlichen Gelder be- 
zahlt, und sie zur Anschaf- 
fung etlicher Kleidung und 
Wäsche in den Stand setzt. 
Diese Fälle werden hier 
nur Beyspielsweise an- 
geführt, indem noch viel 
mehrere denkbar sind, in 
welchen nach Verschieden- 
heit der Verhältnisse, einer 
Person durch eine etwas 
bedeutendere, nicht für 
das Bedürfniß des 
Augenblicks berech- 
nete Unterstützung auf 
  
  
Verteilung für die obigen 
Zwecke übrigblieben, ver- 
ausgabt: 
an 13 Verstümmelte à 20 oder 10 Taler 240 Taler 
„ 12 schwer Blessierte à 6 bis 15 „,„ 115 „ 
„ 138 Blessierte à 5 Taler 600 „ 
„ 4 Witwen und 2 Waisen Gebliebener 00 , 
„ 3 Frauen und 2 Kinder Vermißter 50 „ 
Für künstliche Füße und Stelzfüßee 30 „ 
Eine besondere Rolle, fast könnte man sagen die des 
jetzigen Heimatdankes, spielten die Freimaurer in 
Sachsen. Sie faßten sofort die Unterstützung Invalider und 
deren Hinterbliebener als festen und einzigen Zweck ins Auge. 
„Der“ Komitee zur Unterstützung der verwundeten vater- 
ländischen Krieger berichtet 1816 über diese Tätigkeit Fol- 
gendes: „In einer Freimaurer-Logenversammlung der großen 
Landesloge von Sachsen wurde am 290. Oktober 1812 die 
Veranstaltung einer Sammlung für die schwerverwundeten 
Krieger und Hinterlassenen der Gebliebenen in Vorschlag 
gebracht. Der Aufruf war vom besten Erfolg gekrönt und 
richtete sich an die Mitglieder und an die Allgemeinheit. 
Ohne Mitwirkung irgendeiner obrigkeitlichen Behörde wurde 
eine Privatunternehmung ausgeführt, bei welcher Sachsens 
Bewohner ihre Vaterlandsliebe, ihren Gemeinsinn, ihre Be- 
reitwilligbeit, Leiden zu mildern und Bedürftigen die hel- 
fende Hand zu reichen, abermals auf eine höchst merkwürdige 
Art bekundeten und den Händen einiger Privatpersonen be- 
deutende Summen — rund 22 000 Taler — anvertrauten.“ 
Es wurden für jeden verwundeten und zum ferneren Mili- 
tärdienst unfähigen Soldaten nach Beschaffenheit der Wun- 
den 2 Taler 12 Groschen, " Taler, auch 10 Taler, ins- 
gesamt 10 770 Taler verteilt. Nach welchen Grundsätzen 
man den Rest von über 11000 Talern noch zu verwenden 
gedachte, darüber sagt eine Bekanntmachung im General- 
Gouvernementsblatt für das Königreich Sachsen: 
„Diesen Zweck — das Schicksal einiger der Würdigsten 
und Bedürftigsten von denen, welche auf diese Gelder 
Ansprüche haben, theils auf Lebenzzeit, theils so lange, 
bio für sie anderwärts her eine Unterstützung zu hoffen 
ist, zu sichern und ihnen ein bleibendes Denkmal der Wohl- 
Invalidenoffiziere und Invalid um 1802 
längere Zeit, vielleicht für 
das ganze Leben, geholfen 
werden kann.“ 
Wir haben hier also schon den Grundsatz der Beihilfe 
zum Zweck der Einführung in eine nutzbringende Tätig- 
beit, auf den mit Recht heute so großer Wert gelegt wird, 
wie denn jenen Tagen auch die Sorge um die Berufsertüchti- 
gung durch Berufsberatung und Berufsschulung, ebenso wie 
die Ansiedlung, die Befreiung von Steuern, die Erleichterung 
des Eintrittes in Berufe mit Vorschulungs= oder Kon- 
zessionszwang, die Blindenfürsorge u. a. nicht fremd waren. 
Schließlich blieb die ganze Geistesrichtung nicht ohne 
Einfluß auf die Invalidenfürsorge durch die Gesetzgebung. 
Was einst Vergünstigung, Gnade war, das wurde jetzt 
zum gesetzlich festgelegten Anspruch, wenngleich 
die Bezeichnung Gnadentaler oder Gnadengeld noch viel- 
fach beibehalten wurde. Das von Friedrich August dem Ge- 
rechten unterm 28. September 1 816 erlassene „Restkript an 
die Kriegs-Verwaltungskammer“ regelt im wesentlichen wie 
das heutige Gesetz, die Versorgung der Invaliden. Inva= 
lidität setzt von den Militär-Gesundheitsbeamten und den 
vorgesetzten Behörden anerkannte Dienstbeschädigung voraus. 
Völlig unbrauchbare, pflegebedürftige Invaliden wurden, 
wenn nicht bei Verwandten, in öffentlichen Versorgungs- 
anstalten untergebracht und erhielten 40 Taler jährlich; fast 
oder ganz Erwerbsunfähige konnten bis 24 Taler erhalten, 
Halbinvalide dagegen nur Freischeine zu ungehinderter Be- 
treibung ihres Gewerbes, nötigenfalls eine „Gratifikation“ 
von 10—20 Talern. Während für die Offiziere die nach 
dem Reglement von 1764 zu bemessenden Pensionen noch 
der jedesmaligen königlichen Entschließung unterliegen und 
ebenso die für Mannschaften mit 35—40 jähriger Dienst- 
zeit, wurden die eigentlichen Invalidengelder der 
Kriegs-Verwaltungskammer übertragen. Insbe- 
sondere verdient aber eine hier zuerst ausgesprochene grund- 
sätzliche Bestimmung hervorgehoben zu werden, die von 
größter Bedeutung für die wichtigste Grundlage einer zu- 
friedenstellenden Lösung der Invalidenfürsorge, für den Ge- 
sundheits= und Arbeitsfoillen ist, nämlich der Saß „wir 
sind auch nicht gemeinet, den in diesem Maße mit Pension 
versehenen Invaliden sothane Wolthat, wegen in der Folge
	        
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