Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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notwendig gebraucht wurden. So hat denn die Zahl der 
Gefangenen, die gemeinnützige Arbeiten verrichteten, im 
Laufe des Krieges ständig abgenommen. 1915 waren es 
deren 274; 1916 nur noch 75 und 1917 nur noch 22, 
die für ein Kinderwalderholungsheim und eine Heilstätte 
für Lungenkranke landwirtschaftlich tätig waren. 
3. Im Dienste des Bergbaues und des Hütten— 
wesens 
Die Beschränkung, die sich zuerst die Heeresverwaltung, 
dann die erwähnten gemeinnützigen Arbeiten in der Zahl 
der ihnen zur Verfügung stehenden Kriegsgefangenen ge- 
fallen lassen mußten, beruhte zum größten Teil auch auf 
den Anforderungen dieser Arbeitskräfte für den Bergbau 
jeder Art und das Hüttenwesen. 
Zu Beginn des Krieges dachte niemand daran, daß es so 
kommen könnte; im Gegenteil: von maßgebender Seite 
wurde die Verwendung von Kriegsgefangenen im Kohlen- 
bergbau unter Tage für nicht unbedenklich erklärt. Indes 
die Bedenken schwanden bald, als einerseits auch auf diesem 
Wirtschaftsgebiete die Zahl der zum Heeresdienste ein- 
berufenen gelernten und ungelernten Arbeiter mit der 
Dauer des Krieges rasch stieg und Mangel an brauchbaren 
Arbeitskräften eintrat, anderseits die Bedeutung nicht ge- 
leugnet werden konnte, die eine ausgiebige Kohlengewinnung 
für den geregelten Fortgang unseres gesamten Wirtschafts- 
lebeno im allgemeinen und für die Versorgung des Heeres 
mit Ammoniak, Benzol, Toluol usw. im besonderen haben 
mußte. Darum erging schon im Anfange des Jahres 1915 
Verfügung, den Stein= und Braunkohlen-, sowie den 
Brikettwerken und Hüttenbetrieben Kriegsgefangene als Er- 
satz für fehlende einheimische Arbeitskräfte zu überlassen. 
Den ersten Antrag in dieser Hinsicht siellte Ende Februar 
lols ein Braunkohlenwerk des Bornaer Bereiches. Bald 
folgten die nächsten. Im Laufe der Jahre lols und 1916 
wuchs sich die Beschäftigung der Kriegsgefangenen in den 
Bergbau= und Hüttenbetrieben zu einer sehr wichtigen kriegs- 
und volkswirtschaftlichen Angelegenheit aus. 
Da die Bergarbeit, besonders die unter Tage bei großer 
Hitze, zu den schwierigsten Beschäftigungen gehört und ge- 
übte Leute erfordert, unter den unserm Sachsenlande über- 
wiesenen Kriegsgefangenen aber ganz wenig gelernte Berg- 
leute vorhanden waren, so kam es den Verwaltungsstellen 
von vornherein wesentlich darauf an, unter den zur Ver- 
fügung stehenden Gefangenen für die Bergwerke die Leute 
herauszufinden, die, obwohl mit der Arbeit im Grunde 
nicht vertraut, nach ihren börperlichen Anlagen und ihrer 
früheren Beschäftigung als zur Bergarbeit geeignet an- 
gesehen werden konnten. So durften z. B. nur solche Ge- 
fangene verwendet werden, die einem körperlich arbeitenden 
Beruf angehörten. Besondere Ausschüsse, zusammengesetzt 
aus Vertretern der Bergbehörde, der Steinkohlenwerke und 
der Knappschaftsärzte gingen unter Führung von Offi- 
zieren in die Lager, um die geeigneten Leute herauszufinden. 
Solche sind auf den verschiedensten Gebieten des Berg- 
baues und Hüttenwesens tätig gewesen. Die größte Zahl der 
Gefangenen beschäftigte der Kohlenbergbau. Im Zwickauer 
Und Lugau-Olsnitzer Steinkohlengebiet arbeiteten schon seit 
1915 sechs und acht Gewerkschaften, einzelne sogar auf 
mehreren Schächten, mit Kriegsgefangenen. Von den beiden 
Werken im Plauenschen Grunde hat nur das Königl. Sächs. 
Steinkohlenwerk Zauckerode dies bis zum Ende des Krieges 
getan, während die Freiherr von Burgk-Werke im Herbste 
1017 die auch früher nur in geringem Umfange eingeführte 
Gefangenenarbeit infolge Wiedereinstellung der von der 
Heeresverwaltung freigegebenen gelernten Bergleute wieder 
aufgaben. 
Im Leipzig-Bornaer Braunkohlengebiete waren, meist 
seit lols, in 25 Werken Kriegsgefangene tätig, und zwar 
auf 7 Werken im Tiefbau, auf den übrigen im Tagebau, im 
Zittauer und Bautzener Gebiet auf 8 Werken, allein über 
500 Mann in den Königlich Sächsischen Braunkohlen= 
werken Hirschfelde bei Zittau. 
Den Umfang der Kriegsgefangenenarbeit im Kohlen- 
bergbau zeigt folgende Aufstellung, wonach inögesamt 
arbeiteten: 
im Stein- im Braun- 
kohlenbergbau kohlenbergban 
vor dem 1. Ok.ober 1915 618 748 
am 1. Ok ober 1915 1103 791 
„I. Januar 1916 2842 1171 
„ 1. Juni 1916 3420 1818 
„ 1. Juni 1917 3764 2342 
„ 1. Januar 1918 3271 3155 
„ I. Juli 1018 2951 3519 
Auch andere Zweige des Bergbaues waren mit der Zeit 
auf Verwendung der kriegsgefangenen Arbeitskräfte an- 
gewiesen, so vor allem die zu Nußz der Heeresverwaltung 
so eifrig geförderte Wolframgewinnung in den Gruben= 
betrieben. Hier handelte es sich zum bleineren Teile um 
Tiefbau, zum größeren um Gräbereien im Gebiete von 
Geising— Altenberg—Lauenstein. Neben Wolfram suchte 
man im östlichen Erzgebirge auch Finnerze und im westlichen 
Eisen und Wismut zu gewinnen. 
Insgesamt beschäftigten 8 Erzbergwerke und Wolfram- 
gräbereien: » 
am 1. Oktober 1915 40 Gefangene 
„I. Janua 1916 97 „ 
„ 1. Juli 1916 348 „ 
I. Jonuar 10917 10858 „ 
I. Juli 1917 1588 „ 
„ I. November 1017 1032 „ 
„FI. Januar 1918 2010 „ 
„ 1. Juli 1018 1991 
Seit Ende 1916 wurden überdies Kriegsgefangene auch. 
in der Aufbereitung der in den Tiefbaugruben gewonnenen 
Erze in den Wäschen zu Zinnwald, Klingenthal und Freiberg 
beschäftigt. Ihre Zahl betrug Anfang 1017 nur 0, stieg 
aber bis Ende des Jahres auf 1560 und wuchs weiter auf 
216 an. 
Ebenso konnten die 4 sächsischen Hüttenbetriebe, Nieder- 
pfannenstiel, Oberschlema, Muldener und Halsbrücker 
Hütten die Kriegsgefangenen nicht entbehren — es arbei- 
teten im Sommer 1918 deren 144 dort —, gleichfalls 
die Torfstechereien, die 6 Arbeitsabteilungen zugewiesen 
erhielten, von denen 4 mit zusammen 25 Gefangenen bis 
gegen das Ende des Krieges bestanden haben. 
Nicht eigentlich zu den bergbaulichen Betrieben zählend 
und doch mit ihnen verwandt und für die Kriegswirtschaft 
nicht minder von Bedeutung waren die Kaolin-, Ton= und 
Chamottewerbe. Besonders die Kaolingewinnung erschien, 
wie nicht allgemein bekannt, aus militärischen und politi- 
schen Gründen dringend notwendig, damit das Zeitungs- 
papier in genügender Menge hergestellt und die Presse damit 
versorgt werden konnte. In den Ton= und Chamottewerken 
aber wurden die verschiedenen Arten gebrannter Steine 
hergestellt, an denen die zahlreichen Betriebe, die Schieß- 
bedarf und Waffen herstellten, ständig großen Bedarf 
hatten. Die Jahl der so beschäftigten Kriegsgefangenen 
betrug bereits im Jahre 1915 710, stieg 1916 auf 896, 
1917 auf 904 und lols auf 964. 
4. Im Dienste der Industrie 
Wenn unter der Einwirkung des Krieges sich auch alle Wirt- 
schaftsgebiete gewandelt haben, so doch keins in dem Maße, 
wie die Industrie, die sich in kürzester Zeit auf ihn ein- 
und umstellen mußte. Sie hat während der mehr als vier 
Jahre fast ausschließlich im Dienste der Kriegswirtschaft
	        
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