Das Gesetz wurde durch Verordnungen vom 16. Januar
(Gesetz- und Verordnungsblatt 1919, Seite 8), vom 24.
und 27. Januar ergänzt (ebenda, Seite 11 f., bzw. 14 f.):
Die Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge für die
Wahlen zur Volksbammer der Republik Sachsen ist am
14. Jannar 1919 abgelaufen.
Ihre Verlängerung erscheint erforderlich, da die Parteien
wegen des gegenwärtigen Wahlkampfes für die Wahlen zur
deutschen Nationalversammlung zum Teil an der rechtzeitigen
Aufstellung der Wahlvorschläge verhindert waren.
& 11 Abs. 2 des Landeswahlgesetzes erhält daher folgende
Fassung:
„Die Wahlvorschläge sind spätestens am 18. Januar
1919 beim Wahlkommissar einzureichen.“
Diese Verordnung hat Gesetzeskraft und tritt sofort in
Wirksamkeit. ,
Dresden, am 16. Januar 1919.
Gesamtministerium.
Buck, Dr. Gradnauer, Schwarz.
1. Die Angehörigen der deutschösterreichischen Republik,
die am 2. Februar 1919 das 20. Lebensjahr vollendet haben
und nicht bei entsprechender Anwendung des 9 4 des Landes-
wahlgesetzes vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, haben das
Recht, an den Wahlen zur Volkskammer der Republik
Sachsen teilzunehmen, in der sie ihren Wobnsitz haben. Vor-
aussetzung für die Ausübung des Wahlrechts ist die Ein-
tragung in die Wählerliste des zuständigen Stimmbezirkes.
Die Eintragung erfolgt auf Antrag und ist bis zum 1. Fe-
bruar 1919 zulässig.
2. Der Antragsteller hat der Ortsbehörde der Gemeinde,
in der er seinen Wohnsitz hat, durch Vorlegung von uUr-
kunden (Heimatschein oder Paß) nachzuweisen, daß er am
2. Februar 1910 das 20. Lebensjahr vollendet hat und An-
gehöriger der deutschösterreichischen Republik ist.
Als solcher gilt, wer in einer deutschösterreichischen Ge-
meinde heimatberechtigt (zuständig) ist. Deutschösterreich
umfaßt die Länder OÖsterreich unter der Enns einschließlich
des Kreises Deutsch-Süd-Mähren und des deutschen Ge-
bietes um Neubistritz, Osterreich ob der Enns einschließlich
des Kreises Deutsch-Süd-Böhmen, Salzburg, Steiermark
und Kärnten mit Ausschluß der geschlossenen jugoslawischen
Siedlungsgebiete, die Grafschaft Tirol mit Ausschluß der
geschlossenen italienischen Siedlungsgebiete, Vorarlberg,
Deutschböhmen und Sudetenland, sowie die deutschen Sied-
lungsgebiete in Brünn, Iglau und Olmütz.
Ist im Einzelfalle das Heimatrecht des Antragstellers
oder die Zugehörigkeit einer Gemeinde zur deutschöster-
reichischen Republik zweifelhaft, so ist vor Eintragung in die
Wählerliste das zuständige österreichisch-ungarische Konsu-
lat unter Beifügung der vom Antragsteller vorgelegten Ur-
kunden um Auskunft zu ersuchen.
3. Die Eintragung hat zu erfolgen, wenn der Nachweis
nach Ziffer 2 Abs. 1 erbracht ist und der Gemeindebehörde
keine Umstände bekannt sind, wonach der Antragsteller bei
entsprechender Anwendung des § 4 des Landeswahlgesetzes
vom Wahlrecht ausgeschlossen wäre.
4. Diese Verordnung hat Gesetzeskraft und tritt sofort
in Wirksamkeit.
Dresden, am 24. Januar 1919.
Gesamtministerium:
Buck, Dr. Gradnauer, Dr. Harnisch, Heldt, Neuring,
Nitzsche, Schwarz.
J.
Für die Wahlen zur Volkskammer der Republik Sachsen
wird der Schluß der Abstimmung im Sinne von § 30 Abf. 1
der Wahlordnung vom 30. November 1918 (Reichsgesetz-
443
blatt, S. 1353) in Verbindung mit 67 des Landeswahl-
gesetzes vom 27. Dezember 1918 (Reichögesetzblatt, S. 408)
auf 7 Uhr nachmittags festgesetzt.
II.
Die Verordnung des Rates der Volksbeauftragten und
des Staatssekretärs des Innern vom 14. Januar 1919
(Reichsgesetzblatt, S. 32) über die Ausübung des Wahlrechtes
durch die zur Bewachung von Wahlräumen kommandierten
Angehörigen des Heeres und der Marine auf Grund einer Be-
scheinigung des nächsten dienstlichen Vorgesetzten, aber ohne
Eintragung in die Wählerliste, findet auf die Wahlen zur
Volkskammer der Republik Sachsen entsprechend Anwen-
dung.
Unter den zur Bewachung von Wahlräumen komman=
dierten Militärpersonen sind nicht nur die Posten an den
Wahlräumen zu verstehen, sondern auch alle Truppen-
abteilungen, die zum Zwecke des Sicherheitsdienstes am
Wahltag an einen bestimmten Platz gebunden sind, soweit
dieser außerhalb des zuständigen Stimmbezirkes liegt.
In dem Vordruck der Bescheinigung (Reichsgesetzblatt
S. 32) treten an die Stelle der Worte: „Zur verfassung-
gebenden deutschen Nationalversammlung“ die Worte: „zur
Volkskammer der Nepublik Sachsen“.
Die Kosten für die Bescheinigungen sind von den Trup-
penteilen usw. unter Abschnitt XII der Verrechnungstafel
(Armeeverordnungsblatt 1918, S. 440) zu verrechnen.
III.
Zur Bewilligung von Ausnahmen von der Vorschrift in
Ks Abs. 1 der Wahlordnung vom 30. November 1918 in
Verbindung mit 67 des Landeswahlgesetzes wird das Mini-
sterium des Innern ermächtigt.
IV.
Diese Verordnung hat Gesetzeskraft und tritt sofort in
Wirksamkeit.
Dresden, den 27. Januar 19190.
Gesamtministerium:
Buck, Dr. Gradnauer, Dr. Harnisch, Heldt, Neuring,
Nitzsche, Schwarz.
Die näheren Vorbereitungen zur Wahl wurden noch nicht
während dieser zur Besprechung stehenden Zeit in Angriff
genommen. Die nahen Wahlen zur Nationalversammlung
verschlangen vollständig das Interesse.
Im Wahlkampf war den Mehrheitssozialisten immer von
seiten der Unabhängigen und Kommunisten vorgeworfen
worden, daß sie sich der sogenannten revolutionären
Errungenschaften begäben. Ganz verschiedener Art
waren diese, sie waren einmal persönlicher Art, und als
solche waren sie auf die wirtschaftliche und rechtliche Besser-
stellung des Proletariats gerichtet, zum andern waren sie
sachlicher Art und bedeuteten Befreiung von Bureaukratie
und Zopf, schließlich waren sie aber alle Verwirklichungen
des Programms sozialistischer Parteien. In den ersten
Tagen der Revolution artete der Taumel in Kindereien
aus. Uberall mußte die rote Fahne gehißt werden, jedes
Abzeichen eines Soldaten mußte schwinden. Wieviel Wert
gerade auf diese Außerlichkeiten gelegt wurde, beweist der
Erlaß über das Tragen republikanischer Abzeichen (Gesetz-
und Verordnungsblatt 1918, Seite 370). Wieviel un-
nütze Kämpfe hat es auch bei uns zulande über das Hissen
der Parteifahnen gegeben! Die Gemüter waren erregt, und
unnütz wurde immer wieder eine Partei von der andern
herausgefordert. Bezeichnend war auch, daß offiziell gemahnt
werden mußte, sich an Denkmälern nicht zu vergehen
(Staatszeitung 273).
Anders stand es mit den wirklichen Errungenschaften,
deren sich die sozialdemokratischen Parteien rühmten. Am