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vorzuladen; von der Bekanntmachung werden ausgenommen die
Verfügungen, deren einstweilige Geheimhaltung der Testirer an—
geordnet hat, und die Bestimmungen, welche Jemanden zum
Schimpf gereichen.
Bei einem mündlich errichteten Testament kann natürlich
von keiner Eröffnung, sondern nur von einer Bekanntmachung
nach obrigkeitlicher Vernehmung der Zeugen die Rede sein.
Nach Eröffnung des Testaments kommt es, sofern dessen
Giltigkeit nicht bestritten worden, zur Vollstreckung, wozu häufig
Testamentare (Testamentsvollzieher) entweder durch Vertrag
zwischen den Erbsinteressenten oder durch den letzten Willen
des Erblassers bestellt werden. Ueber die Pflichten des Testa-
mentars siehe den Abschnitt von der nichtstreitigen Rechtspflege
in Abtheilung II.
Zur Bestreitung der Giltigkeit eines Testaments stehen den
durch dasselbe Verletzten mehrere Rechtsmittel zu, deren Auf-
zählung und Auseinandersetzung hier nicht nöthig ist, da in
einem solchen Fall die Zuziehung eines Anwalts nicht entbehrt
werden kann.
7. Erbschaftsantretung und Erbschaftserlust.
Den Erben steht frei, die Erbschaft anzutreten oder nicht
anzutreten. So lange die Erbschaft nicht angetreten ist, heißt
sie ruhende Erbschaf (Hereditas jacens).
Hauskinder erwerben (wenn sie nicht die Erbschaft aus-
drücklich ablehnen) die Erbschaft ihres Vaters oder Großvaters
sogleich durch den Anfall, ohne daß sie hiefür etwas zu thun
brauchen; jeder andere erwirbt sie erst durch die Willenshand-
lung der Erbschaftsantretung, die Erklärung, daß er sie an-
nehme. Diese kann sowohl ausdrücklich als stillschweigend ge-
schehen; letzteres durch solche Handlungen, welche keine andere
Deutung zulassen, als daß ihr Urheber Erbe sein wolle. Be-
dingungs= oder theilweise kann sie nicht erfolgen. Der Erbe
hat das Recht, eine Frist zur Ueberlegung darüber, ob er die
Erbschaft antreten wolle oder nicht, zu verlangen, und diese
kann ihm ausf 9 Monate vom Richter bewilligt werden. Wäh-
rend dieser Frist kann der Berufene den Stand der Erbschaft
untersuchen und dringende Veräußerungen mit Erlaubniß der
Obrigkeit vornehmen. Läßt er diese Frist verstreichen, ohne
eine Erklärung abzugeben, so wird dieses auf Antrag der Erb-
schaftsgläubiger oder Legatare als Antretung, außerdem als
Ausschlagung der Erbschaft angenommen.