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selbst zuzuschreiben. Aus dem gleichen Grund unterlasse man
den Gebrauch des Streusandes und bediene sich statt dessen
eines Blattes Löschpapier; es ist zu häßlich, wenn man den be—
sandelten Brief, bevor man ihn lesen kann, erst säubern muß
und dabei etliche Gramm Sand in's Zimmer bekommt.
Daß der Verfasser eines Briefes immer bedenken müsse, an
wen er schreibt, daß Anstand und Artigkeit zu berüdsichtigen sei,
ist bereits oben erwähnt worden.
Zu den Regeln des Anstands gehört, daß man sein Ich
nicht, am allerwenigsten dem Namen des Andern voransetzt.
Sagt man schon im gewöhnlichen Umgang nicht: „Ich und
Sie“, „Ich und Du“ — sondern „Sie und ich“ u. s. w., so
fängt man noch weniger einen Brief auf diese Weise an.
Erwähnt man in einem Briefe solcher Personen, welche in
besondern Verhältnissen zu dem Empfänger stehen, so geschieht
dieses immer nur mit der erforderlichen Achtung; man wird
also nicht sagen: Ihr Vater, Ihre Frau, Ihr Bruder, sondern
man sagt: Ihr Herr Vater, Ihre Frau Gemahlin, Ihr Herr
Bruder. Es versteht sich, daß diese Zusätze wegbleiben, wenn
man von den Seinigen spricht; man sagt nicht meine Frau
Gemahlin 2c. 2c.
Diese Zusätze bleiben auch da weg, wenn die Personen,
von welchen man spricht, in keinem Verhältnisse mit dem Em-
pfänger des Briefes stehen; man wird also nicht sagen: der
Herr Regierungsrath von N. ist heute abgereist, sondern der
kgl. Regierungsrath von N. ist heute abgereist.
Auch da, wo von Todten die Rede ist, unterbleibt der
Zusatz Herr oder Frau, ausgenommen wenn diese nahe Ver-
wandte des Briefempfängers sind.
Wenn in einem Brief Angelegenheiten des Empfängers
neben den eigenen zu berühren sind, so müssen erstere vorangehen.
Vorgesetzte und Höhere belästige man so wenig als mög-
lich mit Briefen; am allerwenigsten dränge man sie wegen einer
Antwort.
Ist ein Brief zu beantworten, so ist es Pflicht, dieses
sobald als möglich zu thun; eine Ausnahme hievon kann dann
eintreten, wenn der zu beantwortende Brief aufgeregt oder gereizt
hat. In einem solchen Fall unterbleibt das Antworten am besten
so lange, bis sich die Aufregung gelegt hat, weil es unschicklich
ist, in einem gereizten Tone zu antworten, und Ruhe und Be-
sonnenheit weit mehr vermögen, als Gereiztheit.