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97.
Ein Pächter bittet um Nachlaß an Pachtgeld.
Hochwohlgeborner Freiherr!
Gnädiger Herr!
Ortskundig ist es, daß mir bei der in diesem Frühjahr
stattgefundenen Viehseuche der größte Theil meines Viehstandes
zu Grunde ging, und daß dadurch, sowie durch die eingetretene
Mißernte mir ein bedeutender Schaden wurde, der unausbleib—
lich viele Jahre auf den mit Ew. Hochwohlgeboren abgeschlossenen
12jährigen Gutspacht wirken muß. Vorzüglich muß ich aber
Bedacht nehmen, den Viehstand so zu ergänzen, daß er wieder
zu der Größe des Guts paßt, um die Bewirthschaftung nicht
sinken zu lassen. Der deßhalb nöthige Viehankauf zehrt meine
Baarschaft auf, so daß ich den verfallenen Pachtgeldbetrag nicht
entrichten kann, wenn ich nicht von Ew. Gnaden einen Nachlaß
erhalte. Ich wage demnach, um diesen gehorsamst zu bitten,
und gebe mich der frohen Hoffnung hin, daß mir diese Bitte
in Gnaden gewährt werde. Ich werde es mir dagegen zur
heiligen Pflicht machen, durch fleißige Wirthschaftsbetreibung das
Verlorne wieder einzubringen.
Mit vollem Respekte beharrt
Euer 2c.
gehorsamster
NN, Gutspächter.
98.
Bitte um Nachsicht mit einer Zahlung.
Werthester Herr!
Ich würde Sie weit lieber mit klingender Münze, als mit
guten Worten zufrieden stellen, wenn es sich nur thun ließe.
Ich erkenne gar wobl, daß Sie schon lange genug Nachsicht mit
mir hatten; dessen ungeachtet muß ich Sie bitten, noch länger
sich zu gedulden, indem ich zur Zeit ganz außer Stande bin,
auch nur das Geringste zu leisten. Sie selbst sind Familien-
vater und werden meine finanzielle Lage beurtheilen können,
wenn ich Ihnen sage, daß seit der Veränderung meines Wohn-
sitzes ein Unglück dem andern gefolgt ist. Meine Frau hat
bereits seit dreiviertel Jahren das Bett nicht verlassen, zwei
Söhne studiren in München, und drei Kleine laufen noch im
Hause herum; zudem ist eine Lauigkeit in den Geschäften, daß