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Die lange Krankheit und der nun eingetretene Todesfall
meiner Frau hat mich dermaßen von allem Geld entblöst, daß
ich jetzt nicht einmal die Leichenkosten zu bestreiten im Stande bin.
Ich liefere nun schon seit 12 Jahren die Arbeit in Ihre
Fabrik und glaube mir schmeicheln zu dürfen, daß Sie mich als
einen pünktlichen, rechtschaffenen Mann werden kennen gelernt
haben. Wollten Sie wohl so gütig sein, mir mit einem Dar-
lehen von 200 Mk. auszuhelfen? Sie würden mich einer großen
Verlegenheit entreißen und nicht im Mindesten gefährdet sein,
da ich bereit bin, dieses Darlehen in monatlichen Raten, oder
wie Sie sonst belieben, wieder dankschuldigst abzutragen. Einer
gefälligen Gewährung meiner Bitte entgegensehend, verbleibt
hochachtungsvoll
Euer Wohlgeboren
ergebenster.
103.
Bitte eines Freundes an einen andern um die Uebernahme einer Pathenstelle.
Werthester Freund!
Der Himmel hat wieder Segen in mein Haus geschickt,
d. h. einen gesunden, wohlgestalteten Knaben, von welchem meine
Frau gestern entbunden wurde. Willst Du hiebei nicht Pathen-=
stelle vertreten? Ich bin es von Deiner Freundschaft überzeugt,
und bitte Dich daher, Dich kommenden Samstag zu der Taufe
handlung einzufinden, es aber so einzurichten, daß Du die
Nacht über hier bleiben kannst. Der Genehmigung dieser Bitte
hält sich im Voraus versichert
Dein
treuer Freund
NN.
104.
Ein Freund bittet einen andern um ein Darlehen.
Theurer Freund!
Wirst Du es wohl übel aufnehmen, wenn ich, von den
Umständen gedrängt, genöthigt bin, Dich um ein Darlehen von
100 Mk. zu bitten? Ich habe nämlich unverzüglich eine Reise nach
Regensburg zu machen, woselbst mein Onkel auf dem Sterbe-
bette liegt und sein Verlangen nach mir hat ausdrücken lassen.
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