Full text: Der belehrende bayerische Sekretär.

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und redlich als Taglöhner und erwarb sich die Liebe und 
Achtung seiner Mitbürger in hohem Grad. Da befiel ihn 
ein heftiges Nervenfieber; Augenschwäche und Gliederlähm-= 
ung blieben, nachdem er genesen, zurück und machten ihn 
untauglich zu den früheren Arbeiten. 
Unser ohnehin unbeträchtliches Vermögen war schon 
durch die Kosten der Krankheit aufgezehrt, sechs kleine Kinder 
jammerten täglich um Brod, mein Mann war außer Stand, 
etwas Erhebliches zu verdienen, des schwachen Weibes Tag- 
lohn reichte nicht aus, konnte nicht ausreichen; er versank 
ob der grenzenlosen Noth seiner Familie in Schwermuth 
und er war im Begriff, in den Fluthen des Lech seinem 
Leben ein Ende zu machen, da trat zu ihm ein Bekannter 
seiner Jugend und zeigte ihm mit verführerischen Worten 
die Möglichkeit der Rettung seiner Familie. 
In so verzweiflungsvollen Augenblicken ist der Mensch 
gehöriger Ueberlegung nicht fähig; mein Mann folgte dem 
Rathe des dem Bösen längst verfallenen Jugendgenossen; 
ein Diebstahl wurde verabredet und ausgeführt; von den 
entwendeten 1200 Mark erhielt mein Mann 100 Mark, das 
Uebrige behielt sein Genosse, und schon stand mein Mann, 
in Folge meiner dringenden Ermahnungen, im Begriff, den 
erhaltenen Antheil zurückzuerstatten, als das Gericht ein- 
schritt und ihn verhaftete. 
Sogleich im ersten Verhöre gestand mein Mann seine 
That, das Leugnen des Mitschuldigen verlängerte die Unter- 
suchung; acht Monate dauerte die Untersuchungshaft des un- 
glücklichen Gatten und Vaters; er wurde zu achtjähriger 
Zuchthausstrafe verurtheilt; sein Mitschuldiger aber, der 
hartnäckig beim Leugnen blieb, ging frei aus, da die Ge- 
schworenen eine feste Ueberzeugung von seiner Schuld nicht 
gewannen. 
Seit 5 Jahren befindet sich mein Mann im Zuchthause 
zu X.; dort hat er sich das Zeugniß einer ausgezeichnet 
guten Aufführung erworben. 
Fruchtlos wäre das Bemühen, den entsetzlichen Jammer, 
das namenlose Elend schildern zu wollen, welches auf mir 
und meinen sechs Kindern seit der Gefangennehmung meines 
Mannes lastet. Hunger, Blöße, Frost und Krankheit suchen 
uns heim, dabei zerreißt der Gattin, der Kinder Herz die 
Sorge um den Gatten, um den Vater; unsere Lage grenzt 
oft, sehr oft an Verzweiflung.
	        
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