Full text: Der belehrende bayerische Sekretär.

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zeugung gibt mir den Muth, zu den Stufen des Thrones 
Eurer 2c. meine allerunterthänigste Bitte niederzulegen. 
Mein Gatte, der vormalige Malzaufschlagsbeamte N. 
zu N., hatte das Unglück, wegen eines Kassa-Abgangs von 
96 Mark zu einer achtjährigen Zuchthausstrafe verurtheilt 
zu werden; er befindet sich seit 3 Jahren im Zuchthause N.; 
fünf Jahre ist es, daß er aus den Armen seiner Familie 
gerissen, zur Haft gebracht wurde. 
Grenzenlos ist das Unglück, welches auf der Familie 
des Verurtheilten lastet; mit sechs kleinen Kindern ist es 
mir nicht möglich, von meiner Hände Arbeit zu leben; meine 
Unterstützung beträgt täglich 45 Pf.; unser unbedeutendes 
Vermögen ist während der zweijährigen Untersuchung durch 
Krankheit der Kinder und durch andere Zwischenfälle aufge- 
zehrt worden. 
Ich kann es nicht wagen, der Gerechtigkeit des Gerichts- 
hofs zu nahe zu treten; aber in diesem Einzelfalle, wo es 
sich um die geringe Summe von 96 Mark handelt, dürfte 
das Gesetz, das nur die allgemeine Norm im Auge hat, ein zu 
hartes Urtheil herbeigeführt haben. Mein schlichter Verstand, 
mein blutendes Herz fragt sich, ob die entsetzliche Strafe, die mein 
Gatte mit Leuten theilt, die das Aerar, Waisen und Witt- 
wen um viele Tausende betrogen und beeinträchtigt haben, 
nicht vielleicht in zu ungleichem Verhältniß mit dem Werthe 
der Veruntreuung stand. 
Mit Thränen im Auge blicke ich auf Eure Majestät. 
Vielleicht, daß die Huld Eurer Majestät Gnade gewährt. 
Das beiliegende Zeugniß der Ortsbehörde schildert meinen 
und meiner Kinder Jammerstand. O möchten Eure Mej. 
solchem Unglück, solchem Elend Allerhöchst Ihr Herz nicht 
verschließen, Allerhöchst Ihre Theilnahme nicht versagen; 
möchten Eure Maj. aus Rücksicht auf das grenzenlose Elend 
einer zahlreichen Familie derselben dadurch Erretter werden, 
daß Allerhöchstdieselben ihr den Gatten, den Vater zurück- 
zugeben allergnädigst geruhen. 
Eure Maj., welche schon so viele Thränen des Kummers. 
und des Elends zu stillen, so viele Unglückliche aus den 
iefen des Jammers zu erheben geruht haben, werden auch 
die Bitte der trostlosen Gattin, sechs jammernder Kinder zu 
erhören und allergnädigst zu verfügen geruhen: 
daß dem verurtheilten N. seine noch zu erstehende 
Strafzeit erlassen und derselbe in Freiheit zu setzen sei.
	        
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