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jetzt darniederbeugt. Wie werde ich Dich zu trösten vermögen?
Doppelt schmerzlich fühlen es die Angehörigen, wenn sie einen
der Ihrigen auf solche Weise verlieren müssen! Aber, meine
Lieben, richtet nicht, damit auch ihr nicht gerichtet werdet!
Kennt doch Niemand, außer Gott, die geheimen Triebfedern
unserer Handlungsweise! Wir müssen glauben und überzeugt
sein, daß, wie dies bei melancholischen Menschen so oft der Fall
ist, irgend ein Leiden seiner Sinne sich so sehr bemeisterte, daß
er, unbewußt seiner selbst, diesen Schritt vollführte. Wollen
wir des Allbarmherzigen Gnade für die dahingeschiedene Seele
anflehen und darin unsern Trost suchen, daß nichts ohne des
Höchsten Willen geschieht, daß seine Rathschlüsse unerforschlich
sind und wir in ihnen die höchste Weisheit, Liebe und Barm—
herzigkeit verehren müssen! Ueberlaß Dich also nicht zu sehr
dem Schmerze, wirke vielmehr durch Dein Beispiel tröstend auf
die Dir Theuren; die Zeit wird dann auch das Ihrige thun.
Lebe wohl und erhalte dich den Deinigen.
Dein
liebevoller Freund.
179.
An eine Freundin über den Tod ihres Kindes.
Geliebte Freundin!
Den Verlust Deines Kindes empfinde ich gewiß lebendig
mit Dir. Ich wollte Dich in Deinem Schmerze nach Kräften
trösten, allein ich fühle mich zu schwach hiezu, indem mir die
Erinnerung an den lieben Kleinen das Herz schwer macht und
mich fühlen läßt, daß ich selbst des Trostes bedarf!
Doch, geliebte Freundin, wenden wir uns zu Gott, daß Er
uns Kraft verleihe, einen Verlust, der unsere Herzen so schmerz-
lich trifft, mit Standhaftigkeit zu ertragen und uns unserer
Pflicht zuzuwenden, die von uns dringend fordert, uns andern,
lebenden Menschen zu erhalten. Du nun, meine Liebe, sei
stark, erhebe Dich über Deinen Schmerz und sei stets der Pflicht
eingedenk, welche Dir gegen die anderen Deinem Herzen Theuern
obliegt. Ich schließe Dich in Gedanken an mein Herz und bin
in unveränderlicher Liebe
Deine
aufrichtige Freundin.