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180.
An einen Bruder über den Tod seines Kindes.
Geliebter Bruder!
So hast Du Dein liebes, einziges Kind verloren! Wie
schmerzhaft für Dich und auch für mich; denn ich liebte die
Kleine so herzlich. Doch, der Herr hat's gegeben, der Herr hat's
genommen — sein Wille sei gepriesen! Laß uns vertrauen,
daß Er auch hierin einen seiner unerforschlichen Rathschlüsse er-
füllte, und diese in Demuth und Ergebung verehren! Mäßige
also Deinen Schmerz und erhebe Dich wieder in ruhiger Er-
gebung Dies wünscht
Deine
theilnehmende Schwester.
181.
Ein Vater an seinen Schwiegersohn (Schwiegertochter) über den Tod
der Gattin (des Gatten) desselben.
Verehrtester Herr Schwiegersohn!
So hat uns der Herr in seiner Weisheit eine so schwere
Prüfung ausgelegt, daß wir jetzt den Tod einer geliebten Tochter
und Gattin zugleich beweinen! Wer hätte das vor Kurzem noch
glauben wollen, daß sie in der Fülle der Gesundheit, in der
Blüthe ihrer Jahre so bald schon ein Opfer des Todes würde!
Doch so sind die Wege der Vorsehung! Ich kann Ihnen nicht
sagen, Ihren Thränen zu gebieten; vermag ich's doch selbst nicht.
Aber vergessen dürfen wir nicht, daß wir auch im Schmerz über
den Verlust der Geliebten noch Pflichten gegen die Lebenden
haben und daher in der Sorge für diese jenen zu beschränken
verbunden sind. Denken Sie an Ihbre lieben, theuren Kinder!
Lassen Sie uns unsern Schmerz Gott anheim siellen, und darin
unsern Trost suchen, daß sein Wille es war, der die Entschlafene
uns nahm, und daß wir diesen in allen seinen Fügungen an-
beten und verehren müssen. Er möge uns Stankhassigs#t und
Kraft verleihen, diesen Verlust zu ertragen und in stiller Er-
gebung seinem Willen uns zu fügen. Küssen Sie Ihre lieben
Kinder in meinem Namen und bleiben Sie ihnen stets der
liebevolle Vater! Dieses wünscht aus dem Innersten des Herzens
Ihr
trauernder Schwiegervater.