188.
Trostschreiben in Krankheitsfällen.
Mein theurer Freund!
So sehr mich die Nachricht von dem wankenden Gesund—
heitszustande Ihres 2c. ergriffen hat, so wenig kann ich doch
Ihren Befürchtungen beistimmen, Ihre Trostlosigkeit billigen.
Vertrauen Sie auf Gott, bei dem kein Ding unmöglich ist. Die
tägliche Erfahrung lehrt uns, daß Er die, welche die Menschen
längst verloren gaben, gerettet, erhalten hat. Trotz der Ver-
sicherungen der Aerzte glaube ich dennoch nicht daran, daß Ihr
2c. unrettbar verloren sei; ich glaube es nicht, weil ich auf
seine kräftige Constitution, auf sein Alter und die liebevolle
Pflege baue, die ihm zu Theil wird. Vertrauen Sie auf Gott,
er sei Ihr Trost, Ihre Zuversicht! Geben Sie sich nur alle
erdenkliche Mühe, die Heiterkeit Ihres Geistes wieder zu er-
ringen. Sie bedürfen ihrer jetzt mehr, als jemals; Sie be-
dürfen ihrer nicht nur für sich selbst, Sie bedürfen ihrer des
geliebten Kranken wegen, zu dessen Herstellung sie unendlich viel
beitragen wird. In der festen Hoffnung, recht bald erfreuliche
Nachrichten von Ihnen zu erhalten, bin ich wie immer
dhr
treuer Freund
N.
189.
Beileidsversicherung bei dem Tod einer Verwandten.
Theuerste Freundin!
Die traurige Kunde von dem Tod Ihrer geliebten Tante
hat mich doppelt schmerzlich ergriffen, weil ich die Verklärte sehr
hoch schätzte, und weil ich weiß, welch großen Verlust Sie er-
litten haben. Doch mag auch Ihr Verlust ein unersetzlicher
sein, so wird doch Ihr frommer, hehrer Sinn mit Demuth sich
in den unerforschlichen Willen des Höchsten fügen, der, so dornen-
voll oft die Pfade sind, die er uns führt, unserer nicht vergißt,
nach des Gewitters Stürmen uns wieder schöne, heitere Tage
sendet, aus Leid zur Freude uns geleitet. Leiden sind die
Schule des Lebens, aus Leiden ersprießt Glück und Wonne.
So werden auch Sie aus dem gegenwärtigen schweren Leide
zur Wonne übergehen, die Ihnen schon aus dem segenreichen
Andenken der allgemein geliebten und geehrten, theuren Ver-