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solchen Handlung kann ich mich nicht verlieren, eine solche
Handlungsweise war nur Ihnen möglich. R. N
230.
Eine Frau beklagt sich bei ihrem Schwiegervater wegen Mißhandlung.
Theuerster Schwiegervater!
Es thut mir innig leid, lieber Vater, Ihnen mit diesem
Brief wehe thun zu müssen, und ich habe deshalb bis jetzt ge-
zögert, Ihnen zu schreiben; allein die äußerste Noth zwingt mich,
Ihnen eine Eröffnung zu machen, die ich keinem Andern machen
kann und darf. So sehr es mich freute, durch eine eheliche Ver-
bindung mit Ihrem Sohne mich in den Kreis Ihrer Familie
aufgenommen zu sehen, so sehr ist diese Freude inzwischen ge-
trübt worden. Die Leidenschaft, der Zorn meines Gatten ist
es, welcher mir manche bittere Stunden, viele trübe Gedanken
bereitet. Wenn er auch sonst von weichem Herzen und tief-
fühlendem Gemüthe ist, so kann dennoch die geringste Veran-
lassung seine Leidenschaft so steigern, auf eine solche Höhe
bringen, daß sie ihn zu Worten und sogar zu Thaten hinreißt,
welche für einen Menschen von Bildung im höchsten Grad in-
dignirend und empörend sind. Zu zaghaft, ihm lebhaft genug
seine Leidenschaft und deren schlimme Folgen vorzuhalten, bitte
ich Sie dringend, dieses für mich zu thun.
Ihre
gehorsamste Schwiegertochter.
231.
Ermahnung an einen Freund, sein Testament zu machen.
Geliebter Freund!
Ihre Briefe klagen fortwährend über das Abnehmen Ihrer
Kräfte, über Ihre geschwächte Gesundheit. Viel mag in der
Einbildung liegen, denn Sie sind noch rüstig; Ihr Aussehen
entspricht Ihrem Alter nicht; indessen geziemt es dem Menschen,
auf alle Ereignisse sich vorzusehen, und da Sie, wie ich hoffe,
von meiner Freundschaft überzeugt sind, so rathe ich Ihnen, für
Ihren Todesfall durch Errichtung eines Testaments um so mehr
Vorkehrung zu tragen, als Sie über ein bedeutendes Vermögen
gebieten, und keine nahen Verwandten haben. Sie wissen gleich
mir, welche unangenehmen Streitigkeiten oft unter sogenannten