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erfüllung für beide Ehegatten nur traurige Folgen haben könnte.
Weil ich nun auch keine Gründe finde, die Ansichten meiner
Tochter, welcher ich in Rücksicht der Standeswahl völlige Frei-
heit lasse, zu widerlegen, so bin ich unvermögend, Ihrer Bitte
zu entsprechen, muß Sie aber dennoch um Ihre fernere Freund-
schaft und Gewogenheit bitten.
Ihr
ergebenster N.
314.
Auflösung eines Liebesverhältnisses.
Theuerster Wilhelm!
Sie werden sich wundern, sogleich noch einen Brief zu
erhalten, welcher wohl für Sie seines Inhaltes wegen nicht sehr
angenehm sein wird. Wie Sie wissen, hatte ich vor einigen Jahren
mit Herrn N. N. ein Verhältniß, welches die einstige Knüpfung
des ehelichen Bandes zwischen uns beiden zur Folge zu haben
versprach. Herr N. N. ging auf Reisen, auf welchen er 3 Jahre
lang bleiben wollte. Vielerlei Gerüchte bezeichneten ihn schon
nach einem Jahr als todt; es entstand durch diesen für mich
so herben Schicksalsschlag eine Leere in meinem Herzen, welche
nur Ihre Liebe auszufüllen vermochte. Allein Herr N. N. lebt
noch, wie ich seit Kurzem weiß; er ist in sein Vaterland zurück—
gekehrt und hat mich von Köln aus brieflich an das ihm ge—
eistete Versprechen erinnert, da der Erfüllung desselben seiner—
seits keine Hindernisse im Wege stehen. Da Herr N. N.
an dem Gang der Dinge nicht die mindeste Schuld trägt, so
glaube ich, ihm die Erfüllung der gegebenen Zusage schuldig
zu sein, weswegen ich Sie gütigst um Aufhebung aller jener
Verbindlichkeiten ersuche, die ich durch das zwischen uns Beiden
begründete Verhältniß übernommen habe. Ich bin dieses von
Ihnen zu hoffen um so mehr berechtigt, als Ihre Redlichkeit
mir nicht wird zürnen können, wenn ich eine früher und be-
stimmter eingegangene Verbindlichkeit zu erfüllen bemüht bin.
Ich ersuche Sie daher, das zwischen uns Beiden gekuüpfte Band
wieder zu lösen, Liebe in Freundschaft zu verwandeln und diese
mir zu erhalten, die in stetem Bestreben, Ihrer so schätzbaren
Zuneigung und Freundschaft werth zu sein, so wie in vollster
Achtung beharrt
Ihre
treue Freundin
N. N.
Der bayer. Sekrttär. 35