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322.
Wunsch eines Gatten, die baldige Rückkehr seiner im Bade befindlichen
Gattin betreffend.
Liebe Frau!
Das Verzögern Deiner Rückkehr macht mich beinahe ängst-
lich, denn der Tag, an dem Du wieder zu mir zurückzukehren
versprachst, jener von mir schon längst ersehnte Tag, hat die
Wünsche, welche er befriedigen sollte, nicht befriedigt; er hat
Dich ferne gehalten von mir, was wie ein nagender Wurm
mein Innerstes verzehrt und Gedanken in mir erzeugt, deren
Beseitigung höchst beruhigend für mich wäre. Ich ersuche Dich
also, bald nach Hause zurückzukehren, da ich mich schon lange
sehr nach Dir sehne und da ich Dich nun völlig hergestellt
glauben muß, indem du selbst vor einigen Wochen schriebst,
daß Dein Befinden ganz gut sei. So komme denn bald zu
uns zurück oder gib wenigstens Nachricht, damit nicht bange
Vermuthungen und verzehrende Angst abmartern
Deinen
treuen N. N.
328.
Erneuerung einer ehemaligen Freundschaft.
Hochgeehrtester Freund!
Du wirst es mir nicht mehr verargen, daß meine letzten
Briefe Dich etwas hart mitnahmen. Meine Liebe zu Dir wollte
nichts an Dir sehen, wovor mein Inneres Abscheu empfand.
Mit Bedauern hatte ich wahrnehmen müssen, daß Du von der
Bahn des Rechten abgekommen, auf die Schleichwege des Irr-
thums, der Finsterniß und des Bösen gerathen warst; darum
war mein Eifer gegen Dich ein so heftiger, weil ich wähnte,
daß Du nicht einmal Deinen Fehler einsehen, sondern blind und
unbesonnen Dich in ein jammervolles Unglück stürzen würdest.
Da ich aber nun sehe, daß die Sache wieder in die vorige Lage
gekommen ist, daß Du wieder ein guter, ein offener, ein arbeit-
samer Mensch bist, so stelle ich an Dich das Anerbieten, unsere
vorige Freundschaft wieder zu erneuern. Mein Inneres vermißt
etwas; es vermißt Deine Freundschaft, welche ich sehnlichst
wünsche. Sollte mein voriges Betragen gegen Dich etwas zu
hart gewesen sein, so mußt Du die Liebe erwägen, welche ich