582
376.
An einen Freund, ein Gut nicht zu kaufen.
Hochgeborner ꝛc.!
Aufgefordert durch Ihr verehrtes Schreiben vom 6. d. M.
rathe ich dringend ab, das Rittergut J. zu kaufen. Das so-
genannte Schloß und die Oekonomiegebäude sind in einem höchst
baufälligen Zustande, die Felder nicht im mindesten arrondirt,
sondern in ganz kleinen Grundstücken zerstreut, und, was Sie
wahrscheinlich noch gar nicht wissen, das Rittergut hat die Bau-
last der dem Einsturz drohenden Kirche des Dorfs. Freilich
steht dem Gutsherrn das Recht zu, Schullehrer und Pfarrer zu
präsentiren, aber die Wiederherstellung der Kirche wird wenig-
stens 40,000 Mark kosten, mithin den Reinertrag des Guts auf
20 Jahre verschlingen Der Reinertrag kann nicht höher als
auf 2000 Mark jährlich angenommen werden, großartige, belang-
reiche, wirthschaftliche Einrichtungen sind bei dem Mangel an
Wiesen und der größtentheils schlechten Beschaffenheit der Pelder
nicht möglich; kurz das Gut ist keine 60,000, geschweige denn
80,000 Mark werth. Diese Ansicht gründet sich auf die ge-
naueste Kenntniß aller Verhältnisse. Genehmigen Sie die Ver-
sicherungen der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ihres
ergebensten
377.
An einen Sohn, in der Fremde zu bleiben.
Mein lieber Bernhard!
Deine Mittheilung, daß Du schon wieder heimkehren wollest
aus der Fremde, hat mich nicht wenig überrascht. Du bist erst
1¼ Jahr von hier weg, Du hast Dich kaum noch umgesehen
in der Welt, warst in keiner großen Stadt, am allerwenigsten
da, wo für Dein Gewerbe am meisten zu lernen ist. Was willst
Du hier beginnen? Daß Du hier nichts Erhebliches in Deinem
Fach lernen und überhaupt schwerlich dauernde Arbeit finden
kannst, ist Dir bekannt; Du würdest Dich also oft beschäftigungs-
los herumtreiben und — Müßiggang ist aller Laster Anfang,
sagt ein altes Sprichwort. Du darfst nicht eher aus der Fremde
heimkehren, bis Du es mit Jedem in Deinem Geschäft auf-