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ein wesentliches Erforderniß des kaufmännischen Briefes. Diese
besteht darin, daß man keine Verpflichtung übernimmt, die man
später gar nicht oder schwer erfüllen kann, und daß man nicht
Ausdrücke gebraucht, die den Empfänger abstoßen oder verletzen
können. Der Brief halte sich gleich ferne von Selbstüberhebung
und Ueberschätzung, wie von Schmeicheleien und übertriebenen
Komplimenten. Man befleißige sich eines würdigen und artigen
Tons, aus dem das Bewußtsein der Ebenbürtigkeit einerseits
und das Gefühl der Achtung, die man Anderen schuldet, an-
dererseits hervorleuchtet.
Ein Gebot der Vorsicht ist auch, daß man von allen Ge-
schäftsbriefen, bevor man sie abschickt, eine Abschrift nimmt und
für sich zurückbehält (heutzutage geschieht dies meist mittels
der Copirmaschine und wird die Copie in ein eigenes Buch ge-
macht), damit man, wenn später irgend ein Anstand sich erhebt,
sofort genau sich überzeugen kann, was man geschrieben hat.
Ebenso gebietet — abgesehen von der gesetzlichen Vorschrift —
schon die Vorsicht, daß man alle empfangenen Geschäftsbriefe
sorgsam aufhebt, und zwar wohlgeordnet und bezeichnet, so daß
bei Bedarf der gewünschte leicht herauszufinden ist.
Von Briefen, welche über See gehen oder in Gegenden, wo-
hin die Postverbindung nicht ganz sicher ist, schickt man mit nächster
Gelegenheit ein Duplicat, ja bei sehr wichtigen Angelegenheiten
sogar ein Triplicat nach, um für den Fall, daß ein Brief ver-
loren geht, Vorsorge zu treffen. Man muß dann in dem nach-
gesendeten Briefe bemerken, daß dies das Duplicat, Triplicat
ist. Heutzutage ist man übrigens durch die Ausdehnung des
Telegraphen-Netzes dieser Vorsichtsmaßregel in vielen Fällen
überhoben, indem man per Telegraph über Ankunft oder Nicht-
ankunft eines Schreibens sich leicht und rasch vergewissern kann.
Schließlich sei noch bemerkt, daß in kaufmännischen Briefen
statt der Anrede blos die Adresse gesetzt wird, z. B.
Herrn Johann Schneider, Berlin,
oder wenn der Brief an ein Gesellschaftsgeschäft geht:
Herren August Schmidt und Comp., Leipzig.
Wendet man sich in freundschaftlicher Weise an einen der
Juhaber oder den einzigen Inhaber des Geschäfts, so gebraucht
man wohl auch die Anrede: „Geschätzter Freund."“
Das Datum des Briefes wird rechts entweder ober oder
unter die statt der Anrede dienende Adresse gesetzt. Die Auf-
schrift auf den Couvert ist wie die Adresse im Brief.