Full text: Der belehrende bayerische Sekretär.

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Maßgabe der in der Versicherungsurkunde (Police) getroffenen 
Bestimmungen auszuzahlen. Eigentlich sollte man also diesen 
Vertrag Kapitalssicherung heißen, denn es wird durch denselben 
die Auszahlung eines Kapitals auf den Todesfall des Ver— 
sicherten (oder im Fall er ein gewisses Lebensalter erreicht hat) 
gewährleistet; der Ausdruck Lebensversicherung ist zurückzuführen 
auf den Zweck, zu welchem ursprünglich am häufigsten diese 
Versicherungen gemacht wurden, nämlich zu dem Zweck, auf den 
Todesfall des Ernährers einer Familie den Hinterbliebenen ein 
Kapital zu sichern, welches ihr Fortkommen erleichtert, gleich 
als wäre der Verstorbene noch am Leben und könnte noch für 
sie sorgen. Erreicht wird der Zweck der Lebensversicherung, daß 
nämlich auf den Todesfall ein Kapital ausbezahlt wird in ähn— 
licher Weise, wie bei den seither schon aufgeführten Arten von 
Versicherung: der eine stirbt früher, der andere später; der eine 
also zahlt seinen Beitrag nur kurze Zeit, der andere lange Zeit 
(oder wenn es eine einmalige Einlage ist, der eine läßt den 
Zinsengenuß der Einlage kurze, der andere lange Zeit der Ge— 
sellschaft); im einen wie in dem andern Fall wird das Kapital 
ausbezahlt und der länger währende Beitrag bezw. der länger 
währende Zinsengenuß, welchen die Gesellschaft von den länger 
Lebenden zieht, setzt sie in den Stand, auch in den Fällen des 
früher eintretenden Todes ihre Verpflichtung zu erfüllen, was 
ihr weiter noch dadurch erleichtert wird, daß sie das Kapital 
nicht zu zahlen braucht, wenn der, zu dessen Gunsten die Ver- 
sicherung genommen wurde, vor dem Versicherer stirbt. Aehnlich 
gestaltet sich das Verhältniß, wenn die Auszahlung des Kapitals 
von der Erreichung eines gewissen Alters bedingt ist. 
Die erste Lebensversicherungsgesellschaft wurde in England 
i. J. 1705 gegründet, und seitdem haben dieselben sich dort 
wie der Zahl nach bedeutend vermehrt, so auch den Umfang 
ihrer Geschäfte ansehnlich erweitert. Die älteste Gesellschaft dieser 
Art in Deutschland ist die von Arnoldi, welcher auch eine Feuer- 
versicherungsanstalt in's Leben rief, i. J. 1827 in Gotha ge- 
gründete, welche heute noch besteht und bei einem Fond von 
etwa 15 Millionen Mark mit obenan steht unter den deutschen 
Lebensversicherungsgesellschaften. Im Jahr 1882 bestanden im 
Deutschen Reich 35 Lebensversicherungsanstalten (theils auf 
Gegenseitigkeit, z. B. die Gothaer, theils Aktiengesellschaften, 
z. B. die Lebensversicherungsanstalt der Bayer. Hypotheken= und 
Wechselbank) mit einem Versicherungsbestand von 2366 Millionen 
Mark, der sich auf 665,000 Versicherte vertheilte. 
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