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Millionen Gulden schuldeten. Einzelne Bahnen haben zwar von
ihrer Schuld etwas zurückgezahlt, aber das ist ein Tropfen im
Meer; die meisten können nichts zurückzahlen, sondern verlangen
jedes Jahr neue Zuschüsse. Da erhebt sich nun die kritische
Frage, wie lange ein Staat mit chronischem Defizit das wird
leisten können. In neuester Zeit ist der Staat gegenüber mehre-
ren Aktienbahnen daran gegangen, von der ihm durch Gesetz
vom 14. Dezember 1877 atheilten Befugniß Gebrauch zu
machen, wonach er, wenn eine garantirte Eisenbahn fünf Jahre
hindurch mehr als die Hälfte des garantirten Reinerträgnisses
in Anspruch genommen hat, den Betrieb derselben selbst über-
nehmen kann. Wie viel das hilft, muß die Zukunft lehren. —
Die ungarischen Bahnen hatten vom Jahr 1870 bis Ende 1877
Zuschüsse im Gesammtbetrag von 77 Millionen Gulden vom
Staat erhalten; zurückgezahlt wurde hievon auch nur wenig. —
Die russischen Aktien-Eisenbahnen genießen größtentheils Staats-
garantie, die Verpflichtungen sind bisher richtig erfüllt worden. —
Mit nordamerikanischen Eisenbahnpapieren sind schon recht schlimme
Erfahrungen von deutschen Kapitalisten gemacht worden; in
der Regel kennt man bei uns die dortigen Verhältnisse viel
zu wenig, als daß man mit Sicherheit beurtheilen kann, wie
es eigentlich mit der Solidität eines solchen Unternehmens steht;
erst neuerlich hat die „Danver und Riogrande-Bahn“ die Liste
der sog. „nothleidenden“ d. h. nicht zahlen könnenden nord-
amerikanischen Eisenbahnen vergrößert. — Sehr große Vorsicht
ist gegenüber den Aktien-Gesellschaften zum Betrieb von Fäbriken,
Bergwerken und dergleichen industriellen Unternehmungen ge-
boten; denn es folgt bei ihnen in der Regel auf einige fette
eine ganze Reihe magerer Jahre, und in schlechten Zeiten geht
da oft das ganze hineingesteckte Kapital verloren, da es nur
schwer herausgezogen und anderweitig placirt werden kann. —
Bezüglich der Banken gibt das oben in den Abschnitten A bis
FGesagte Anhaltspunkte der Beurtheilung.
) Obligationen von Aktiengesellschaften.
Diese Papiere fallen unter den Gesammtbegriff der „Prioritäten",
weil aus dem Ertrag des Unternehmens erst die Zinsen der
Obligationen bestritten werden müssen, ehe an die Vertheilung
eines Gewinns (einer Dividende) gedacht werden kann, weil
also die Inhaber der Obligationen vor den Aktionären den Vor-
tritt (die Priorität) haben. Der Obligationsinhaber hat nur
den ihm zugesagten festen Zins zu beanspruchen, auf Theilnahme
am Gewinn hat er kein Recht, dagegen aber auch nicht das