Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

120 V. Abschn. Organ. d. monarch. Staaten. 2. Kap. Landtag. 
III. Wahlverfahren. Die Wahl ist entweder eine 
direkte oder eine indirekte; bei der ersteren bezeichnen 
die Wähler selbst den zu wählenden Abgeordneten; bei der 
letzteren wählen die Wähler (hier Urwähler genannt) 
sogenannte Wahlmänner, die ihrerseits den Abgeordneten 
zu wählen haben. Direkte Wahl besteht z. B. in Württem- 
berg und Baden, indirekte z. B. in Preußen, Bayern, 
Sachsen und Hessen. 
Klassenwahlen, d. h. eine Einteilung der Wähler 
nach Steuerklassen haben z. B. Preußen und Sachsen und 
zwar je 3 Klassen; jede Klasse wählt ½ der zu wählenden 
Wahlmänner. In Preußen werden nach dem Gesetz vom 29. 
Juni 1893 die Wähler in jedem Urwahlbezirk nach den 
von ihnen zu entrichtenden direkten Staats= und Kommunal- 
steuern derart in 3 Abteilungen geteilt, daß auf jede Ab- 
teilung ½ der Gesamtsumme der Steuerbeträge aller Ur- 
wähler fällt. Für jede nicht zur Staatseinkommensteuer 
veranlagte Person ist ein Betrag von 3 Mark anzusetzen; 
diese Wähler wählen in der 3. Abteilung. 
Die Abstimmung ist in der Regel eine geheime durch 
Stimmzettel; hie und da eine öffentliche, mündlich zu 
Protokoll oder durch unterschriebene Stimmzettel (z. B. in 
Preußen); doch gilt dies nur von der Wahl des Abgeord- 
neten selbst, nicht von der Wahl der Wahlmänner. 
Die Wahlen erfolgen regelmäßig nach absoluter. 
Mehrheit; es gilt also nur derjenige als gewählt, welcher 
mehr Stimmen hat als alle übrigen Kandidaten zusammen. 
Der Gegensatz ist die relative Mehrheit; hier gilt der- 
jenige als gewählt, welcher die meisten Stimmen erhalten hat. 
Erlangt in der ersten Abstimmung niemand die er- 
forderliche Mehrheit, so findet eine weitere Wahl statt. 
Die Grundsätze für diese weitere Wahl sind nicht überall 
dieselben. Häufig findet eine Stichwahl unter denjenigen
	        
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