§ 2. Staatsrechtliche Begriffe. 17
gehöriger Teil der Menschheit, auch wenn derselbe keinen
Staat für sich bildet. Neben der Bildung von Stämmen und
Nationen her ging die Entwicklung der Völker und Staaten.
Die Staatenbildung erfolgte auf Grund mannigfacher ge-
schichtlicher Vorgänge, die es verhinderten, daß die Nationen
sich ungeteilt zu Staaten zusammenfaßten. Die Gesamtheit
der in einem Staat vereinigten Menschen nennt man Volk.
Nation und Volk ist also nicht dasselbe. So gehören
die in OÖsterreich wohnenden deutschen Stämme zwar zur
Deutschen Nation, nicht aber zum Deutschen Volk, wie um-
gekehrt die in Deutschland lebenden Polen zwar dem Deut-
schen Volk, nicht aber der Deutschen Nation angehören.
Im Staat kommt die Einheit des Volks zum rechtlichen
Ausdruck; er verbindet eine Menge von Menschen (das Volk)
durch Unterordnung unter eine Herrschergewalt zu einer
Einheit. Die natürlichen Grundlagen jedes Staates sind
Land und Leute, Staatsgebiet und Volk. Der Zweck des
Staates ist nach außen Schutz gegen äußere Feinde, nach
innen Pflege des Rechts und der Wohlfahrt des Volks.
Der Eingang zur Reichsverfassung bezeichnet als Zweck
des Reichs: Schutz des Bundesgebiets und des innerhalb
desselben gültigen Rechts, sowie Pflege der Wohlfahrt des
Deutschen Volks.
II. Gesellschaft. Sozial. Die Worte Gesellschaft,
gesellschaftlich, sozial werden in der Literatur und dem
täglichen Leben sehr häufig gebraucht. Unter Gesellschaft
versteht man die Gesamtheit der gesitteten Menschheit, indem
man dabei die staatliche Organisation außer acht läßt.
Wenn man also von Aufgaben der Gesellschaft spricht, so
meint man damit Aufgaben, die nicht der Staat, sondern
eben die Gesellschaft zu erfüllen hat. Man spricht in diesem
Sinn z. B. von Selbstpolizei der Gesellschaft und meint
damit, daß Sitte und Anstand nicht allein von der Polizei,
sondern von der Gesellschaft selbst gewahrt werden soll, in der
Bazille, Reichsverfassung 2c. 2