Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 46. Reichs= und Landesgesetzgebung. 189 
ein Teil der Staatsrechtslehrer der Ansicht ist, daß dies 
spätestens bis zum Beginn der neuen Legislaturperiode 
des Reichstags geschehen müsse, vertreten andere die Auf- 
fassung, daß der Bundesrat an keine Zeitbeschränkung ge- 
bunden ist. Der Bundesrat hat sich auf den Standpunkt 
der letzteren Auffassung gestellt und den Initiativbeschluß 
des Reichstags vom 25. Januar 1899 am 8. März 1904 
sanktioniert. 
3. Die Ausfertigung der Reichsgesetze ist Recht 
und Pflicht des Kaisers: Artikel 17 der Reichsverfassung. 
Ein vom Reichstag angenommenes, vom Bundesrat sanktio- 
niertes Gesetz muß der Kaiser ausfertigen, auch wenn er mit 
demselben nicht einverstanden ist. 
4. Die Verkündigung der Reichsgesetze ist ebenso, 
wie die Ausfertigung, Recht und Pflicht des Kaisers. Nach 
Artikel 2 der Reichsverfassung erhalten die Reichsgesetze 
ihre verbindliche Kraft durch ihre Verkündigung von Reichs- 
wegen, welche vermittelst des Reichsgesetzblatts ge- 
schieht. Sofern nicht in dem publizierten Gesetze ein anderer 
Anfangstermin seiner verbindlichen Kraft bestimmt ist, be- 
ginnt die letztere mit dem 14. Tage nach dem Ablauf des- 
jenigen Tags, an welchem das betreffende Stück des Reichs- 
gesetzblatts in Berlin ausgegeben worden ist. 
Neben dem Reichsgesetzblatt besteht noch das Zentral- 
blatt für das Deutsche Reich, in welchem die übrigen 
Anordnungen der Reichsgewalt verkündet werden. 
II. Die Landesgesetzgebung. Gesetzgeber ist in den 
konstitutionell-monarchischen Staaten der Monarch; zur Aus- 
übung seiner gesetzgeberischen Befugnisse bedarf er aber der 
Zustimmung des Landtags. Der Weg der Gesetzgebung 
ist für alle Gesetze im materiellen Sinn vorgeschrieben; 
der Erlaß derselben im Weg der Verordnung ist nur kraft 
verfassungs= oder gesetzmäßiger Ermächtigung zulässig. Der 
Weg der Landesgesetzgebung ist folgender:
	        
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