§ 47. Verträge. 193
Staatsverträge, wie Gesetze, verkündet werden. Die Ver-
kündigung geschieht durch die Gesetzesblätter, häufig, nament-
lich auch im Reich und in Preußen einfach durch Abdruck
des Vertrags.
II. Die Staatsverträge des Reichs. Nach Artikel 11
der Reichsverfassung hat der Kaiser das Reich völkerrecht-
lich zu vertreten, im Namen des Reichs Krieg zu erklären
und Frieden zu schließen, Bündnisse und andere Ver-
träge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu be-
glaubigen und zu empfangen. Insoweit die Verträge mit
fremden Staaten sich auf solche Gegenstände beziehen, welche
nach Artikel 4 der Reichsverfassung in den Bereich der
Reichsgesetzgebung gehören, ist zu ihrem Abschluß die Zu-
stimmung des Bundesrats und zu ihrer Gültigkeit die Ge-
nehmigung des Reichstags erforderlich. Die Bedeutung
dieser Verfassungsvorschrift ist die, daß der Kaiser allein
befugt ist, die Verträge abzuschließen, daß er aber vor
der Ratifikation die Genehmigung des Bundesrats und des
Reichstags bei den in den Bereich der Gesetzgebung fallen-
den Gegenständen einzuholen hat.
III. Die Staatsverträge der Einzelstaaten. Auch
nach Aufrichtung des Deutschen Reichs sind die Einzelstaaten
noch befugt, Staatsverträge abzuschließen, aber nur inner-
halb sehr enger Grenzen. Sie können nämlich nur noch
Verträge abschließen:
1. in denjenigen Angelegenheiten, bezüglich welcher eine
Zuständigkeit des Reichs zur Gesetzgebung überhaupt nicht
besteht; doch dürfen diese Verträge nicht im Widerspruch
mit den Reichsgesetzen stehen;
2. in solchen Angelegenheiten, für welche die Zuständig-
keit des Reichs zur Gesetzgebung besteht, solange von der-
selben noch kein Gebrauch gemacht ist. Diese Verträge ver-
lieren aber ihre Geltung, sobald die Reichsgesetzgebung die
bezügliche Materie regelt.
Bazille, Reichsverfassung 2c. 13