Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 52. Gerichtswesen. 207 
wiesen worden; die Folge ist, daß man die Tätigkeit der 
Gerichte im ganzen ebenfalls mit dem Namen Justiz be- 
zeichnet; dies ist dann ein formeller Begriff im Gegensatz 
zu dem materiellen Begriff der Justiz, der die Tätigkeit 
der Gerichte nur insoweit bezeichnet, als sie rechtsprechender 
Art ist. Von Bedeutung ist namentlich hier die sogenannte 
freiwillige Gerichtsbarkeit, deren Aufgabe es nicht 
ist, streitige Verhältnisse zu entscheiden, sondern eine Für- 
sorge für die Privatrechtsverhältnisse der Bürger zu üben; 
hierher gehört z. B. das Vormundschaftswesen, die Nachlaß- 
regelungen und das Grundbuchwesen. Den Gegensatz zur 
freiwilligen Gerichtsbarkeit bildet die sogenannte streitige 
Gerichtsbarkeit, welche ihrerseits wieder in die Zivil- 
rechtspflege und die Strafrechtspflege zerfällt. 
Sache der ersteren ist es, bürgerliche Rechtsstreitigkeiten 
zu entscheiden, Sache der letzteren, die Bestrafung der die 
Gesetze verletzenden Personen herbeizuführen. 
Die Rechtsprechung auf dem Gebiet des Staatsrechts 
ist im wesentlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit; 
s. hierüber § 48, III. Dazu kommt noch die Tätigkeit der 
Staatsgerichtshöfe; s. hierüber § 37, VI, sowie die 
Disziplinargerichtsbarkeit gegenüber den Beamten; 
s. § 37, V, 1. Außerdem sind auch den Verwal- 
tungsbehörden in ziemlichem Umfang rechtsprechende 
Funktionen übertragen. Endlich ist noch die Militärge- 
richtsbarkeit zu erwähnen; sie ist ein Teil der Straf- 
gerichtsbarkeit. 
II. Die Gerichtsorganisation. Gerichte des Reichs 
und der Einzelstaaten. Ein Netz von Gerichten aller 
Art überzieht das Reich; sie unterstehen teils der Reichs- 
regierung, teils den Landesregierungen. Man kann folgen- 
dermaßen scheiden: 
1. Die Gerichte zur Entscheidung von Privat- 
rechtsstreitigkeiten (bürgerliche Gerichte, Zivil-
	        
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