Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 2. Staatsrechtliche Begriffe. 21 
Krieg oder einen Staatsstreich zur Herrschaft gelangt ist. 
Dem gegenüber muß hervorgehoben werden, daß derartige 
Fragen praktisch durch rechtliche Schlußfolgerungen nicht 
entschieden werden können. Ist einmal die Frage des 
Herrscherrechtes durch Gewalt entschieden, so ist die neue 
Staatsgewalt als rechtmäßige Staatsgewalt anzuerkennen 
solange, als sie am Ruder ist. Die im Jahr 1866 
von Preußen annektierten Gebiete z. B. sind der preu- 
ßischen Staatsgewalt unterworfen; die Bewohner dieser Ge- 
biete sind preußische Untertanen geworden und haben als 
solche die preußischen und die Reichsgesetze zu befolgen. 
VIII. Autonomie (vom griechischen) heißt Selbstgesetz- 
gebung (auch Selbstverwaltung). Mit der Souveränetät 
der Staatsgewalt steht es nämlich nicht im Widerspruch, 
wenn sie Privaten oder Körperschaften das Recht läßt oder 
gibt, Rechtsvorschriften auf gewissen Gebieten zu erlassen 
(Recht der Autonomie). Die Selbstgesetzgebung ist nicht 
souverän, da sie sich innerhalb der Grenzen halten muß, 
die die Staatsgewalt ihr gesteckt hat, und da sie keine 
Rechtsvorschriften erlassen kann, welche den von der Staats- 
gewalt ausgehenden widersprechen. Eine solche Auto- 
nomie haben z. B. die Gemeinden und die Kirchen für ihre 
Angelegenheiten. 
IX. Hrivatfürstenrecht. Darunter versteht man das 
Familien- und Erbrecht des hohen Adels, insbesondere der 
regierenden Fürstenhäuser. Dasselbe ist nur ein Teil des 
allgemeinen Familien= und Erbrechts, gehört also zum 
Privatrecht. Nach Art. 57 und 58 des Einführungsgesetzes 
zum Bürgerlichen Gesetzbuch gelten für diese Familien die 
Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nur insoweit, als 
nicht die Landesgesetze bezw. Hausverfassungen (s. X) ab- 
weichende Bestimmungen enthalten. 
Das Privatfürstenrecht äußert aber Wirkungen auf
	        
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