26 I. Abschnitt. Begriffe und Quellen des Staatsrechts.
XIX. Tandeshoheit war im alten Deutschen Reich
die zusammenfassende Bezeichnung für die Befugnisse der
Landesherren gegenüber ihren Untertanen; sie war der
Reichsgewalt untergeordnet, also nicht souverän. Doch hatten
die Herrschaftsrechte des Reichs den größeren Ländern gegen-
über keine praktische Bedeutung, da dem Reich die Macht zur
Erzwingung seiner Anordnungen fehlte.
# 3. Quellen des Staaterechts. Die Verfallungen.
Die Quellen des Staatsrechts sind:
I. Die Verfassungen. In den einzelnen deutschen
Ländern bestanden schon zu den Zeiten des alten, 1806
aufgelösten Reichs landständische Verfassungen; diese gaben
aber nur einzelnen bevorrechtigten Ständen das Recht, bei
der Ordnung der Landesangelegenheiten mitzuwirken. Wäh-
rend der napoleonischen Zeit waren sie vielfach aufgehoben
worden. Nach dem endgültigen Sturz Napoleons (1815)
ward die Herstellung von Volksvertretungen eine der wich-
tigsten politischen Forderungen des deutschen Volks. Zuerst
erhielten die süddeutschen Staaten konstitutionelle Verfassun-
gen, später auch die übrigen deutschen Staaten, mit Aus-
nahme der beiden mecklenburgischen Großherzogtümer. Die
Verfassungen der sechs größeren deutschen Staaten haben
folgendes Datum, sind aber später vielfach abgeändert
worden:
1. Preußen: 31. Januar 1850.
2. Bayern: 26. Mai 1818.
3. Sachsen: 4. September 1831.
4. Württemberg: 25. September 1819.
5. Baden: 22. August 1818.
6. Hessen: 17. Dezember 1820.
Die Reichsverfassung trägt das Datum des 16. April
1871.