Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 7. Rechte der Einzelstaaten. 41 
Reich aufgegangen; sie sind staatsrechtlich nicht bloß Mit- 
glieder des Reichs, sondern haben daneben noch eine Existenz 
für sich, geradeso wie eine Person nicht nur Mitglied einer 
Familie, sondern auch eine Persönlichkeit für sich ist. Soweit 
die Zuständigkeit des Reiches reicht, sind die Einzelstaaten 
Mitglieder desselben; jenseits der Reichszuständigkeit aber 
sind sie selbständige Persönlichkeiten. 
Da das Reich seine Zuständigkeit erweitern kann, so 
wird die Grenze zwischen den Mitgliedschaftsrechten und 
den Rechten der Bundesstaaten als Einzelner einseitig vom 
Reich bestimmt. Die der Reichszuständigkeit gezogenen Gren- 
zen ergeben sich aus der Reichsverfassung. Solange als in 
dieser die Zuständigkeit des Reichs durch eine bestimmte 
Linie abgegrenzt ist, kann jeder Einzelstaat verlangen, daß 
sich die Reichsgewalt eines Übergriffs in das jenseits dieser 
Linie liegende Gebiet enthalte. Dies gilt nicht nur von der 
verfassungsmäßig festgestellten Zuständigkeit, über welche 
hinaus auch die Reichsgesetzgebung sich nicht erstrecken darf, 
ohne daß zuvor die Verfassung auf verfassungsmäßigem 
Wege abgeändert ist, sondern ebenso auch von der durch 
gewöhnliche Reichsgesetze gezogenen Grenze zwischen un- 
mittelbarer Reichsverwaltung und Landesverwaltung; diese 
müssen Bundesrat, Reichskanzler und alle übrigen Reichs- 
behörden beachten. 
Die Rechte der Bundesstaaten als Einzelner sind 
folgende: 
1. Die Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit 
der Einzelstaaten hinsichtlich derjenigen Angelegen- 
heiten, für welche das Reich nicht zuständig ist; 
2. die Durchführung und Handhabung der Reichsge- 
setze nach den näheren Bestimmungen derselben. 
IV. Die Existenz der Einzelstaaten kann ohne 
ihre eigene Zustimmung auf friedlichem Weg nicht auf- 
gehoben werden. Dagegen steht die Reichsverfassung einer
	        
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