Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 9. Reichsgebiet und Staatsgebiet. 47 
der Gebietshoheit bezeichnet. Die positive Seite der Ge- 
bietshoheit besteht in der unbeschränkten Befugnis des 
Staates, das Gebiet für die staatlichen Zwecke zu verwenden, 
darüber zu schalten und zu walten. Alles, was innerhalb 
der Staatsgrenzen sich befindet, ist der Staatsgewalt unter- 
worfen, Sachen wie Menschen. 
Für die Bezeichnung der Staatsgewalt zum Volk ist 
der Begriff Personalhoheit (vom lateinischen Wort 
persona — Person; Personalhoheit also = Hoheit, Herrsch- 
befugnis über die Personen) aufgestellt worden. Der Inhalt 
der Personalhoheit ist der Satz, daß die Staatsangehörigen 
ihrer Staatsgewalt untertan sind, ob sie nun im Staatsgebiet 
wohnen oder nicht. 
Nach dem Grundsatz der Gebietshoheit (Territorial- 
hoheit) sind alle im Staatsgebiet sich befindlichen Personen 
und Sachen der Staatsgewalt unterworfen, auch die Aus- 
länder. Von diesem Grundsatz gibt es indessen Ausnahmen, 
welche als Vorrecht aufzufassen sind. So unterliegen z. B. 
die in Deutschland wohnenden Gesandten auswärtiger Staa- 
ten nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. Der zusammen- 
fassende Ausdruck für diese Ausnahmen ist Exterritoriali- 
tät (vom lateinischen territorium = Gebiet und ex — 
ausgenommen vom; Erxterritorialität also —= der Zustand 
des Ausgenommenseins von der auf das Verweilen im 
Staatsgebiet sich gründenden Herrschaft des Staats). Die 
Frage, inwieweit die Gebietshoheit, d. h. also die Staatsge- 
walt in ihrer Beziehung auf das Gebiet, dem Reich und 
inwieweit sie den Einzelstaaten zusteht, läßt sich nur dahin 
beantworten: Insoweit die Zuständigkeit des Reichs reicht, 
hat es die Gebietshoheit am ganzen Reichsgebiet; insoweit 
dagegen die Zuständigkeit den Einzelstaaten verblieben ist, 
haben diese die Gebietshoheit an ihrem Staatsgebiet (über 
das Verhältnis der Reichszuständigkeit zu der Zuständigkeit 
der Einzelstaaten vergl. 8§ 6, III). Daraus ergeben sich für
	        
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