48 III. Abschnitt. Land und Volk.
das Verhältnis von Reich und Einzelstaat hinsichtlich des
Gebiets folgende Grundsätze (zu vergl. hiezu 86, III).
1. Soweit die eigene Verwaltung des Reichs
sich erstreckt, gibt es innerhalb des Bundesge-
biets keine Grenze, d. h. das Reich kann die Ver-
waltungsbezirke ohne Rücksicht auf die Grenzen der Einzel-
staaten einrichten; dies ist auch in weitem Umfang geschehen,
z. B. bei der Abgrenzung der Oberpostbezirke.
2. Wo dem Reiche nur die Gesetzgebung und
Beaufsichtigung, nicht aber die Verwaltung zu-
steht, kommt die Gebietshoheit der Einzelstaaten zu voller
Geltung. Die Abgrenzung der Verwaltungsbezirke ist hier
dem Reich entzogen, solange nicht durch Anderung der Reichs-
verfassung die Verwaltungsbefugnisse der Einzelstaaten be-
schränkt oder aufgehoben sind.
Die Gebietshoheit der Einzelstaaten äußert sich hier
auch darin, daß die Behörden eines Bundesstaats Hoheits-
rechte (z. B. Verhaftung, Zwangsmaßregeln) auf dem Ge-
biet eines anderen Bundesstaates nicht ausüben können,
selbst wenn die Ausübung dieser Hoheitsrechte für das ganze
Reich einheitlich geregelt ist. Wohl aber ist in vielen Reichs-
gesetzen den Behörden der Einzelstaaten zur Pflicht gemacht,
sich gegenseitig Rechtshilfe zu leisten. Dies ist zuerst ge-
schehen in dem Rechtshilfegesetz vom 21. Juni 1869 und
später insbesondere in dem Gerichtsverfassungsgesetz, 13.
Titel (88 157—169). Hier ist unter anderem auch be-
stimmt (8 167), daß die Sicherheitsbeamten eines Bundes-
staats die Verfolgung eines Flüchtigen auf das Gebiet eines
anderen Bundesstaates fortsetzen und den Flüchtigen daselbst
ergreifen dürfen.
Die fortdauernde Gebietshoheit der Einzelstaaten zeigt
sich auch in dem Recht derselben, den von auswärtigen
Staaten bestellten Konsuln für ihr Gebiet das sog. Exequa-
tur zu erteilen (lateinisches Wort = es werde ausgeübt!