54 III. Abschnitt. Land und Volk.
bestimmt: „Für ganz Deutschland besteht ein gemeinsames
Indigenat mit der Wirkung, daß der Angehörige (Untertan,
Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem anderen
Bundesstaat als Inländer zu behandeln und demgemäß zum
festen Wohnsitz, zum Gewerbebetriebe, zu öffentlichen Amtern,
zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung des
Staatsbürgerrechts und zum Genusse aller sonstigen bürger-
lichen Rechte unter denselben Voraussetzungen wie der Ein-
heimische zuzulassen, auch in Betreff der Rechtsverfolgung
und des Rechtsschutzes demselben gleich zu behandeln ist.“
Der Inhalt dieser Bestimmung ist der: Alle in den Einzel-
staaten bestehenden Gesetze und Verordnungen, welche
Fremde ungünstiger als eigene Staatsangehörige behan-
deln, sind in Bezug auf Deutsche für immer aufgehoben.
Eine Ausnahme machen nur die sog. politischen Rechte.
Das Recht, in die parlamentarischen Vertretungen der Ein-
zelstaaten zu wählen und gewählt zu werden, steht nur den
Angehörigen des betreffenden Bundesstaates zu. Ebenso
verhält es sich mit den Wahlen zu den Gemeindevertretungen
und mit dem Erwerb des Gemeindebürgerrechts, wo dies von-
den Gesetzen der Einzelstaaten bestimmt ist.
V. Das Staatsangehörigkeitsgesetz. Kritik des-
selben. Das deutsche Recht über den Erwerb und den
Verlust der Staats= und Reichsangehörigkeit ist enthalten
in dem Reichsgesetz vom 1. Juni 1870 (Bundesgesetzblatt
S. 355), das im ganzen Deutschen Reich gilt. Dieses Gesetz
ist seit lange Gegenstand vieler Angriffe, und mit Recht.
Fehler desselben sind unter anderem: Zulassung mehr-
facher Staatsangehörigkeit, die Ermöglichung von Schein-
auswanderungen, die Ermöglichung der Heimatlosigkeit (d.h.
Staatslosigkeit) und Verlust der Reichsangehörigkeit durch
10jährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Ausland. Gegen
die Beseitigung dieser letzteren Bestimmung richtet sich ins-
besondere die Agitation des alldeutschen Verbandes.