Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 23. Thronfolge. 93 
liches Eigentum an. So begannen (im 13. Jahrhundert) 
die Teilungen des Landbesitzes. Da dieselben Glanz und 
Macht der Fürstenhäuser zu untergraben drohten, setzten 
schon im 14. Jahrhundert Bestrebungen gegen das Teilungs- 
wesen ein und zwar sowohl innerhalb der fürstlichen Familien 
als seitens der Landstände. Auch kam allmählich gegen- 
über der patrimonialen Auffassung der Staatsgedanke zum 
Durchbruch; die privatrechtlichen Machtbefugnisse wandelten 
sich in öffentlich-rechtliche Herrschbefugnisse um; die Nach- 
folge in der Herrschaft wurde nicht mehr als Erbfolge in 
einen Vermögensbesitz, sondern als Nachfolge in die Stel- 
lung eines öffentlichen Organs angesehen. Mit einer solchen 
Auffassung waren natürlich Teilungen des Landes unter 
die Nachkommenschaft des verstorbenen Fürsten unverein- 
bar. Man kam schließlich zur Einführung einer Thronfolge- 
ordnung, welche nur einem Prinzen des Hauses das Thron- 
folgerecht einräumte (sogenannte Individualsukzes- 
sion, d. h. Nachfolge eines Einzigen), alle anderen Prinzen 
dagegen ausschloß und damit jede Möglichkeit der Teilung 
beseitigte. 
Die Thronfolgeordnung, welche so in allen deutschen 
Fürstenhäusern zur Geltung gelangt ist, ist die sogenannte 
agnatische Linealfolge mit Primogeniturordnung (Erbfolge 
des Mannesstamms nach Linien mit Erstgeburtsordnung). 
Die nachfolgenden Ausführungen sollen diesen Satz erklären. 
Die Worte Agnaten und Kognaten sind aus dem römi- 
schen Recht überkommene Begriffe. Man versteht unter 
Kognaten die Blutsverwandten überhaupt, unter Agnaten 
dagegen nur die von Männern abstammenden Männer; 
mit Kognaten (im engeren Sinn) bezeichnet man dann 
ferner in der Regel die Kognaten, insoweit als sie nicht 
Agnaten sind. Spricht man also von agnatischer Erbfolge, 
so heißt das, daß nur die von Männern abstammenden 
Männer thronfolgeberechtigt sind (der Mannsstamm).
	        
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