Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 23. Thronfolge. 97 
zur Thronfolge. Eine spätere Genehmigung ist ohne recht- 
liche Wirkung. 
Die Rechtsgültigkeit der Ehe bemißt sich nach den 
Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Früher war Voraus- 
setzung der Thronfolgefähigkeit auch noch körperliche und 
geistige Fähigkeit; nach den neueren Verfassungen 
schließt aber selbst unheilbare Geisteskrankheit von der 
Thronfolge nicht aus; nur erfolgt die Ausübung der Re- 
gierungsrechte in einem solchen Fall nicht durch den Mo- 
narchen, sondern durch den Regenten. Einen solchen Fall 
haben wir zur Zeit in Bayern, wo der an unheilbarer 
Geisteskrankheit leidende Otto II. König ist, während die 
Regierungsrechte durch den Prinzregenten Luitpold ausgeübt 
werden. Anders hat man die Sache in Baden bei dem 
letzten Thronwechsel (1852) aufgefaßt; hier hat der regie- 
rungsfähige Zweitgeborene den wegen Geisteskrankheit regie- 
rungsunfähigen Erstgeborenen von der Thronfolge ausge- 
schlossen. 
IV. Die SEbenbürtigkeit. Mißheirat. Rorgana- 
tische Ehe (Ehe zur linken Hand, Ehe ad legem Salicam). 
Die Frage der Ebenbürtigkeit einer Ehe hat in dem lippi- 
schen Thronfolgestreit (s. II) gleichfalls eine Rolle gespielt. 
Nach altem deutschem Recht galt jede Ehe eines freien 
Mannes mit einer freien Frau für ebenbürtig; als Miß- 
heirat galt nur die Ehe eines Freien mit einer Unfreien 
und umgekehrt. Im Lauf der Zeit trat aber eine andere 
Auffassung ein. Nach heutiger Auffassung sind die Ehen 
der Mitglieder eines regierenden deutschen Fürstenhauses 
regelmäßig nur dann ebenbürtig, wenn sie mit einer Person 
geschlossen werden, die aus einem jetzt oder ehemals regie- 
renden deutschen oder ausländischen Fürstenhaus oder aus 
einem ehemals reichsständischen Hause stammt und von ihrem 
eigenen Hause als ebenbürtig anerkannt wird. Ausnahmen 
kommen namentlich bei den früheren reichsgräflichen Häusern 
Bazille, Reichsrerfassung 2c. 7
	        
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