Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

90 22. Juli 
  
  
Diese Gesellschaften und Zweigvereine zählen zu ihren Mit- 
gliedern Generäle, Diplomaten, Staatsbeamte und Richter, kurz 
die Spitzen der offiziellen und nicht offiziellen Welt des König- 
reiches. 
Die serbische Journalistik steht beinahe vollständig im 
Dienste dieser Propaganda, die gegen Oesterreich-Ungarn ge- 
richtet ist und kein Tag vergeht, ohne dass die serbischen 
Pressorgane ihre Leser zum Hasse und zur Verachtung der 
Nachbarmonarchie oder zu Attentaten aufhetzen, die mehr 
oder weniger offen gegen ihre Sicherheit und Integrität ge- 
richtet sind. 
Eine grosse Anzahl von Attentaten hat die Aufgabe, mit 
allen Mitteln die Agitation gegen Oesterreich-Ungarn aufrecht 
zu erhalten und in den Grenzgebieten die Jugend dieser Länder 
zu verführen. 
Der Geist der Verschwörung, der den serbischen Politi- 
kern eigen ist, und dessen blutige Spuren die Annalen des 
Königreiches aufweisen, hat seit der letzten Balkankrise eine 
neue Belebung erfahren; Individuen, welche den Banden an- 
gehörten, die bisher in Mazedonien beschäftigt waren, haben 
sich der terroristischen Propaganda gegen Oesterreich-Ungarn 
zur Verfügung gestellt. 
Angesichts dieser Treibereien, denen Oesterreich-Ungarn 
seit Jahren ausgesetzt ist, hat die serbische Regierung nicht 
die geringste Massnahme treffen zu sollen geglaubt. Hiedurch 
hat sie die Pflicht verletzt, die ihr die feierliche Erklärung vom 
3l. März 1909 auferlegte, und sich zu dem Willen Europas und 
zu der Verpflichtung, die sie Oesterreich-Ungarn gegenüber 
auf sich genommen hatte, in Widerspruch gesetzt. 
Die Langmut der k. und k. Regierung der provozierenden 
Haltung Serbiens gegenüber war von der territorialen Uneigen- 
nützigkeit der Öösterreichisch-ungarischen Monarchie und von 
der Hoffnung eingegeben, dass die serbische Regierung 
schliesslich doch den Wert der Freundschaft Oesterreich- 
Ungarns richtig einschätzen werde. Indem die k. und k. Regie- 
rung eine wohlwollende Haltung den politischen Interessen 
Serbiens gegenüber beobachtete, gab sie sich der Hoffnung 
hin, dass sich das Königreich am Ende entschliessen werde, 
auch seinerseits eine analoge Haltung einzunehmen. Oester- 
reich-Ungarn erwartete vor allem eine soldhe Evolution in den 
politischen Ideen Serbiens, als die Monarchie nach den Ereig- 
nissen des Jahres 1912 durch ihre uneigennützige Maltung und 
ohne Groll die so bedeutende Vergrösserung Serbiens ermög- 
lichte.
	        
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