Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

Grey kündigt 
einen Mei- 
nungsaus- 
tausch mit an- 
dern Mächten 
an. 
Bienvenu- 
Martin stimmt 
nach dem 
österreichi- 
schen Bericht 
den Österrei- 
chisch -ungari- 
schen Darle- 
ungen zu. 
102 24. Juli 
  
Ich schloss, indem ich sagte, wir würden zweifellos mit 
anderen Mächten in Meinungsaustausch treten und müssten 
ihre Ansichten über die Möglichkeit einer Beilegung der 
Schwierigkeiten der Lage abwarten. 
Graf Mensdorff erwiderte, die gegenwärtige Lage wäre 
nie entstanden, wenn Serbien nach der Ermordung des Erz- 
herzogs nur eine Hand gerührt hätte; Serbien jedoch habe kein 
Zeichen der Sympathie oder des Beistandes gezeigt, obgleich 
bereits seit der Ermordung mehrere Wochen verflossen wa- 
ren; eine Befristung wäre sehr wichtig, um eine Verschleppung 
durch Serbien zu verhindern. 
Ich sagte, wenn Serbien die Antwort verschleppte, hätte 
man später eine Befristung festsetzen können;*) aber wie die 
Dinge jetzt stünden, wäre der Wortlaut der serbischen Ant- 
wort von Oesterreich diktiert worden, das sich nicht damit 
begnügt hatte, eine Antwort innerhalb der Frist von 48 Stunden 
nach der Ueberreichung zu verlangen.’) 
Der österreichisch - ungarische Botschafter in Paris, Graf 
  
Szecsen, an den österreichisch - ungarischen Minister 
  
des Aeusseren, Graf Berchtold. 
Rotbuch Nr. 11. 
  
Paris. 
Soeben dem mit der Vertretung des abwesenden Mini- 
sters des Aeusseren betrauten Herrn Justizminister Weisung 
vom 22.d.M. vorgelesen und Kopie hinterlassen. Herr Bienvenu- 
Martin, der durch (die heutigen Morgenblätter vom Inhalt 
unserer Demarche in Belgrad beiläufig informiert war, schien 
durch meine Mitteilung ziemlich impressioniert. 
Ohne sich in eine nähere Erörterung des Textes einzulassen, 
gaberbereitwillig zu, dass die Ereignisse der letzten 
Zeit und die Haltung der serbischen Regierung ein energisches 
Einschreiten unsererseits ganz begreiflich scheinen lassen. 
Bib.Nr.5. *) Auf die Begründung der österreichischen Note 
mit der Nichtinnehaltung des serbischen Versprechens von 1909 geht 
Grep nicht ein. 
°) Der Bericht, den Graf Mensdorff von dieser Unterhaltung 
an den Grafen Berchtold sandte, Rb. 10, stimmt im Grossen und 
Ganzen mit der Grepschen Version überein. Grep verschweigt jedoch 
die bedeutsame Antwort Mensdorffs auf seine Bedenken zu Punkt 5, 
die lautete: «Ich erwiderte, Kollaboration von z. B. Polizeiorganen 
tangiere keineswegs Staatssouveränität>.
	        
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