Er erklärt die
Vermittlung
zwischen
Oesterreich
und Russland
für eine Ver-
mittlung zwi-
schen Oester-
reich und Ser-
bien!
198 28. Juli
völlige die Antwort, die Sie dem Freiherrn von Schön
erteilt haben; die These, die Sie vertraten, ist sonnenklar’):
in der Suche nach einer friedlichen Lösung des Konfliktes sind
wir vollkommen einer Meinung mit Russland, das nicht für
die gegenwärtige Lage verantwortlich ist und noch keinerlei
Massregel ergriffen hat, die den geringsten Verdacht erwecken
könnte; aber es ist klar, dass als Gegenleistung Deutschland
sich nicht weigern kann, der Öösterreichisch-ungarischen Re-
gierung, deren Aktion den Konflikt eröffnet hat, Ratschläge zu
erteilen.
Es ist also angebracht, dem deutschen Botschafter gegen-
über weiter dieselbe Sprache zu führen. Dieser Rat
stimmt übrigens mit dem zweifachen englischen Vorschlag,
der in ihrem Telegramm erwähnt ist, überein. Ich billige völlig
die von Sir E. Grey angeregte Kombination und ich fordere
Herrn Paul Cambon direkt auf, es ihm mitzuteilen. Es ist wich-
tig, dass man in Berlin weiss, dass unsere volle Mitwirkung
den Bemühungen sicher ist, welche die englische Regierung für
eine friedliche Lösung des österreichisch-serbi-
schen Konfliktes anstellt.°) Die Aktion der vier weniger
interessierten Mächte kann aus den oben dargelegten Grün-
dennichtnurin Wien und St. Petersburg ausgeübt werden.
Indem er vorschlägt, sie auch in Belgrad auszuüben, das heisst
vor allem zwischen Wien und Belgrad, tritt Sir E.
Grey in die Logik der Lage zurück?); und indem er St. Peters-
burg nicht ausschliesst, bietet er Deutschland ein Mittel, in aller
Würde seine Demarche aufzugeben, durch welche die deutsche
Regierung in Paris und London erklären liess, dass sie die
Angelegenheit als eine rein österreichisch-serbische ohne all-
gemeinen Charakter ansieht.*)
Gib. Nr. 76. ') l’evidence möme.
?) Man beachte die Wendung «<österreichisch-serbischen
Konfliktes». Grep versuchte gerade, Deutschland und Oesterreich-Un-
garn mit der Versicherung zu beruhigen, dass er sich nicht um den
österreichisch-serbischen, sondern nur um den österreichisch-russischen
Konflikt kümmere. Viviani aber erklärt Greys Vorschläge für Vor-
schläge zur Lösung des Österreichisch-serbischen Konfliktes!
®) Hier geht Viviani noch weiter. Grey erwähnt Belgrad undSt.Pe-
tersburg als diejenigen Regierungen, die während der Vermittlung
zwischen Wien und St. Petersburg keine militärische Massnahmen er-
greifen sollen. Viviani spricht von einer Aktion «vor allem zwischen
Wien und Belgrad>, wie es bereits Paul Cambon getan.
*) Nach Vivianis Auffassung ist also die Vermittlung in St. Peters-
burg nur Formsache, um Deutschland einen Rückzug zu ermöglichen.
Der Greysche Vorschlag ist für ihn nichts als ein Vorschlag, den
österreichisch-serbischen Konflikt zu europäisieren, zwischen Wien und
Belgrad zu vermitteln; alles andere ist nur Schein! Damit gibt Viviani