Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

Greys Vorsicht 
im Verkehr mit 
Cambon. 
244 29. Juli 
  
ich Herrn Cambon, dass ich es für nötig hielt, ihn auch darüber 
zu verständigen, dass die englische öffentliche Meinung”) die 
xegenwärtige Lageganzandersansehealsdie Ma- 
rokkoschwierigkeiten vor einigen Jahren. In der 
Marokkoaffäre handelte es sich um einen Streitfall, in dem 
Frankreich in erster Linie interessiert war und in dem schein- 
bar Deutschland, in dem Bemühen, Frankreich zu zerschmet- 
tern, mit dem letztern einen Streitfall suchte, der Gegenstand 
eines besonderen französisch-englischen Abkommens war. Jetzt 
aber handelte es sich um einen Fall, den Zwist zwischen Oester- 
reich und Serbien, indem wirunsnichtfür berufen 
hielten, eine aktive Rolle zu spielen. Selbst 
wenndieFrageeineösterreichisch-russische 
würde, fühlten wir uns nicht berufen, eine Rolle darin zu 
spielen. Das wäre dann eine Frage der Vorherrschaft zwischen 
Teutonen und Slawen — ein Kampf um die Vorherrschaft auf 
dem Balkan — und wir waren stets darauf bedacht gewesen, 
es zu vermeiden, wegen einer balkanischen Frage in den Krieg 
hineingezogen zu werden. FürdenFall,dassDeutsch- 
land und Frankreich beteiligt würden, hatten 
wir uns noch nicht befragt, was wir tun sollten. Das wäre ein 
Fall, den man noch prüfen müsste. Frankreich würde dann in 
einen Streit hineingezogen, der nicht seinen eigenen Interessen 
galt, aber in dem infolge seines Bündnisses seine Ehre und 
seine Interessen es zur Teilnahme verpflichteten.) Wir wären 
aller Verpflichtung ledig und wir hätten dann zu entscheiden, 
welche Haltung uns die britischen Interessen auferlegten. Ich 
hielt es für nötig, das zu sagen, da, wie er wisse, wir hinsicht- 
lich unserer Flotte alle Vorsichtsmassregeln ergriffen und ich 
im Begriffe war, den Fürsten Lichnowsky zu warnen, nicht 
darauf zu zählen, dass wir beiseite stehen würden, aber es 
wäre nicht korrekt, wenn ich Herrn Cambon daraus schliessen 
liesse, dass dies bedeute, wir hätten Entschlüsse gefasst für 
einen Fall, der hoffentlich nicht eintreten würde. 
G ‚Bib. Nr. 87. ?) Also nur die englische öffentliche Meinung, nicht 
rep! 
®) Die Grepschen Wendungen stellen die aussergewöhnlichste 
Argumentation dar, die nur denkbar ist. Ein Österreichisch-serbischer 
Krieg interessiert England nicht. Ein österreichisch-russischer auch 
nicht. Ein deutsch-französischer auch wohl nur, wenn Frankreich 
«direkt» beteiligt ist. Da aber der deutsch- französische Krieg nur die 
Folge des russischen Krieges ist, Frankreich aber, wie Cambon im 
nächsten Absatz unumwunden erklärt, zu dem deutsch-französischen 
Krieg unbedingt bereit ist, hatte die subtile Unterscheidung Greys 
gar keinen Sinn. Die Einschränkung, dass Frankreich nur direkt an 
dem Kriege beteiligt sein dürfe, liess Grep übrigens auch bald fallen.
	        
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