Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

Der Bündnis- 
fallderEntente 
Cordiale. 
280 30. Juli 
  
  
Anlage 1 zu Blaubuch Nr. 105. 
Sir Edward Grey an Herrn Paul Cambon. 
  
London, den 22. November 1912. 
Mein lieber Botschafter. 
Von Zeit zu Zeithaben während der letz- 
ten Jahre die Fachleute von Heer und Flotte 
Frankreichs und Englands miteinander be- 
raten. Es war stets ausgemacht, dass diese Meinungs- 
austausche die Entschlussfreiheit der einen oder 
anderen Regierung nichtberühren sollten, in irgend 
einem Augenblick der Zukunft zu entscheiden, ob sie die 
andere mit ihrer bewaffneten Macht unterstützen solle oder 
nicht. Wir haben angenommen, dass ein Meinungsaustausch 
zwischen Fachleuten keine Verpflichtung bilden konnte und 
nicht als solche angesehen werden (dürfte, welche die eine oder 
die andere Regierung in einer Eventualität binden könne, die 
noch nicht eingetreten ist und vielleicht niemals eintreten wird. 
Beispielsweise beruht die jetzige Verteilung der französischen 
und der englischen Flotte nicht auf einer Verpflichtung zur 
Zusammenarbeit für den Kriegsfall. 
Sie haben jedoch hervorgehoben, dass, wenn die eine 
oder die andere Regierung schwerwiegende Gründe haben 
sollte, einen Angriff von Seiten einer dritten Macht zu fürchten, 
ohne dass eine Provokation erfolgt sei, es wesentlich sein 
könnte, zu wissen, ob sie unter diesen Umständen auf die mili- 
tärische Unterstützung der anderen Macht zählen könne. Ich 
billige, dass, wenn die eine oder die andere Regierung 
schwerwiegende Gründe haben sollte, ohne Provokation den 
Angriff einer dritten Macht oder ein Ereignis, welches den 
allgemeinen Frieden bedroht, zu erwarten, diese Regierung 
sogleich mit der anderen erwägen sollte, ob nicht beide 
gemeinsam vorgehen müssen, um einen Angriff zu verhindern 
und den Frieden aufrecht zu erhalten, und in diesem 
Falledie Massregeln zu suchen, welche sie 
geneigt wären, gemeinsam zu ergreifen. Wenn 
diese Massnahmen eine militärische Aktion einschliessen, 
so sollten die Pläne der Generalstöbe sogleich in Erwägung 
gezogen werden und die Regierungen würden darauf über die 
Folge entscheiden, welche man ihnen geben müsste.
	        
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