Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

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schen Ziele während der Krisis schwerlich zu vereinbaren 
war. Aus ihnen geht hervor, dass Sasonow während der 
gesamten Krisis den einmal eingenommenen Standpunkt nicht 
veränderte. Auch die russische Mobilisationspolitik wird hier 
hinreichend deutlich. Schärfere Lichter aber wirft das Orange- 
buch auf die französische Politik: Von irgendwelchen Ver- 
suchen Frankreichs, in St. Petersburg einen versöhnlichen 
und mässigenden Einfluss auszuüben, ist nicht die Rede. 
Und wenn auch das Orangebuch die wichtigsten Unter- 
redungen zwischen Sasonow und dem französischen Bot- 
schafter, vor allem eine entscheidende Unterredung vom 
24. Juli, die uns das Blaubuch übermittelt, verschweigt, so 
bringt es doch einige Dokumente, aus denen unzweifelhaft 
hervorgeht, dass Frankreich sich ohne Vorbehalt der russi- 
schen Politik zur Verfügung stellte. 
Es mag zum Teil an der Lückenhaftigkeit der russi- 
schen Sammlung und der dadurch bedingten Sprunghaftig- 
keit der Darstellung liegen, wenn das Orangebuch einen 
nervösen und gereizten Eindruck macht. Aber der Ton der 
einzelnen Telegramme Sasonows genügt bereits, um diesen 
Eindruck zu vermitteln. Erstaunliche Widersprüche, Meinungs- 
schwankungen, Ausbrüche des Aergers charakterisieren diese 
Dokumente, die Sachlichkeit des Urteils und guten Willen, 
den Partner im diplomatischen Spiel zu verstehen, vermissen 
lassen. Ein Vorzug ist allerdings dem Orangebuch nicht 
abzusprechen. Die einzelnen Stücke sind kurz und prägnant. 
Der verantwortliche Minister der äusseren Politik wusste 
entschieden was er wollte. Ein breiter, phrasenhafter Stil ist 
nur in wenigen für England berechneten Stücken zu ver- 
zeichnen, in denen es gilt, die Friedensliebe Russlands zu 
beteuern. 
Von den 79 Stücken des Orangebuches sind die beiden 
vorletzten, gleich den Schlussberichten des Blaubuches, 
völlig wertlos für das Verständnis der Verhandlungen. Es 
sind zwei Rundschreiben Sasonows — aus dem einen wurden 
oben die wichtigsten Stellen zitiert— an dieVertreter Russlands, 
in denen nach Ausbruch des russisch-deutschen Krieges die 
russische Politik zusammenfassend dargestellt wird. Sie fussen
	        
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