Die Haltung
der serbischen
Presse ruft
in Wien Miss-
stimmung her-
vor.
60 29. Juni
vopoljie vorgeschwebt zu haben. Sie haben noch eine un-
schuldige Frau mit erschossen und mögen glauben, damit ihr
Vorbild noch übertroffen zu haben.
Jahrelang ist in Serbien Hass gegen die Monarchie ge-
sät worden. Die Saat ist aufgegangen und Mord ward ge-
erntet.
Die serbische Regierung hat auf die zirka 5 Uhr nach-
mittags bekannt gewordene Nachricht hin die Obilic-Feier um
10 Uhr abends offiziell abstoppen lassen; inoffiziell und in der
Dunkelheit hat sie aber noch geraume Zeit weiter gedauert.
Die Leute sollen sichvor Freude in die Arme
gefallen sein (Augenzeugen) und man hörte Bemerkungen
wie: «Recht ist ihnen geschehen, wir haben das schon lange
erwartet», oder «Das ist die Rache für die An-
nexion.»
Der serbische Gesandte in Wien, Jov. Jovanowitsch, an
den serbischen Ministerpräsidenten und Minister des
Aeusseren, Paschitch.
Serbisches Blaubuch Nr.l.
Wien.
Die Wiener Zeitungen behaupten, die gerichtliche Unter-
suchung gegen die Urheber des Attentates habe erwiesen, dass
das Verbrechen in Belgrad vorbereitet wurde, dass ein ganzes
Komplott auf weitester Grundlage in Belgrad unter der von
der grosserbischen Idee inspirierten Jugend organisiert worden
sei und dass die Belgrader Zeitungen die Oeffentlichkeit mit
ihren Schilderungen vom Elend der Situation in Bosnien er-
regen. Das soll, nach den Wiener Zeitungen, einen beträcht-
lichen Einfluss ausüben, da die Belgrader Zeitungen heimlich
in grosser Zahl nach Bosnien eingeführt werden.