30. JUNI
Der Legationsrat der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft
in Belgrad, Ritter von Storck, an den österreichisch-
ungarischen Minister des Aeusseren, Graf Berchtold.
Rotbuch Nr. 2.
Belgrad.
Ich richtete heute an den Generalsekretär des Aus-
wärtigen Amtes, Herrn Gruic, die naheliegende Frage, welche
Massregeln die königliche Polizei ergriffen habe, respektive zu
ergreifen sedenke, um die Fäden des Attentates, welche noto-
risch nach Serbien hinüberspielen, zu verfolgen.
Seine Erwiderung lautete, dass sich die serbische Polizei
bisher mit dem Gegenstand überhaupt nicht beiasst
hätte.
Der serbische Gesandte in Wien, Jov. Jovanowitsch, an
den serbischen Ministerpräsidenten und Minister des
Aeusseren, Paschitch.
Serbisches Blaubuch Nr. 2.
Wien.
In Wien wird die Tendenz immer offener, in Europa den
Eindruck zu erwecken, dass das gegen den Erzherzog-Thron-
folger von Oesterreich-Ungarn begangene Attentat das Er-
gebnis einer in Serbien vorbereiteten Verschwörung ist. Man
beabsichtigt, sich dessen als eines politischen Mittels
gegen uns zu bedienen. Man muss daher mit der grössten Auf-
merksamkeit die Sprache unserer Zeitungen über das Ereignis
von Seraiewo überwachen.
Die serbische
Polizei befasst
sich nicht mit
dem Verbre-
chen.
Der serbische
Gesandte in
Wien warnt
vor der Hal-
tung der ser-
bischen
Presse.