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Das Abänderungsgesetz hat darin Wandel geschafft.
Jetzt kann der Richter bei mildernden Umständen nach
freiem Ermessen anstatt Gefängnis Geld- oder Haftstrafe
verhängen. Das freie Ermessen wird nach wie vor von
der Erwägung getragen sein, daß die ernste Zeit des
Krieges eine erhöhte Geborsamspflicht gegenüber den Ge-
setzen verlangt und das allgemeine Wohl eine Einschrän-
kung der Bewegungsfreiheit gebietet. Erfreulich ist die
Verfügung des preuß. Justizministers vom 13. Dezember
1915:), wonach dieser die preußischen Strafvollstreckungs-
behörden angewiesen hat, sofort sämtliche noch nicht
durch Strafvollstreckung erledigte Urteile wegen Zuwider-
handlung gegen 8 9b daraufhin zu prüfen, ob es der
Billigkeit entspricht, Gnadenerweise zu Gunsten des Ver-
urteilten von Amtswegen zu befürworten. Die Befür-
wortung soll stets für geboten erachtet werden, wenn an-
zunebmen ist, daß das Gericht nicht auf Gefängnisstrafe
erkannt haben würde, falls das neue Gesetz schon zur
Zeit der Aburteilung gegolten hätte. Das Gleiche hat die
Hamburgische Justizverwaltung angeordnet?); andere sind
gefolgt.
Zugleich hat das Abänderungsgesetz eine Entlastung
der Gerichte zur Folge. Diese können jetzt gemäß $1
Abs. 2 der Bekanntmachung des Bundesrats zur Ent-
lastung der Strafgerichte vom 7. Okt. 1915°) die Strafe
Ebermayer, Strafdlrohung des S9b des preuß. BZG., LZ. 1916,
8. 806 ff., vgl. auch Delius, Bestrafung der Übertretung von Ver-
boten des Militärbefehlshabers, preuß. VBl, Bd. 36, 83. 764ff,,
Friedmann, Lex Schiffer und ihr Anwendungsgebiet, D. Str.-Ztg.
1915, 8. 510.
1) JMBI. 8. 287.
2) Hann. Courier v. 30. Dezember 1915 abends.
3) RGBl. 1915, 8. 631.