Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 1. (1)

Wer infolge des Krieges zahlungsunfähig geworden ist, 
kann beim Amtsgericht die Anordnung einer Geschäftsaufsicht 
beantragen, um den drohenden Konkurs abzuwenden. Er hat 
hierzu ein Verzeichnis seiner Gläubiger, eine Übersicht seines 
Vermögensstandes und, sofern er Kaufmann ist, die letzte 
Bilanz einzureichen. Die Geschäftsaufsicht ist anzuordnen, wenn 
die Behebung der Zahlungsunfähigkeit nach Beendigung des 
Krieges in Aussicht ist. Die vom Gericht eingesetzten Auf- 
sichtspersonen haben die Geschäftsführung des Schuldners zu 
unterstützen und zu überwachen und können die Führung des 
Geschäfts auch einem anderen übertragen. Solange diese Auf- 
sicht schwebt, darf das Konkursverfahren nicht eröffnet werden. 
Der Schuldner ist verpflichtet, jeder Aufsichtsperson Ein- 
sicht in seine Geschäftsbücher und sonstigen Aufzeichnungen zu 
gewähren und Auskunft über den Stand seines Vermögens 
und über seine Geschäfte zu geben. 
Oer Schuldner soll ohne Zustimmung der Aufsichtspersonen 
weder unentgeltliche Verfügungen oder Verfügungen über Grund- 
stücke und Rechte an Grundstücken vornehmen, noch Ansprüche 
befriedigen oder sicherstellen, auch nicht andere als solche Ver- 
bindlichkeiten eingehen, die zur Fortführung des Geschäfts oder 
zu einer bescheidenen Lebensführung des Schuldners und seiner 
Familie erforderlich sind. 
Gebühren werden für das Verfahren nicht erhoben. Aus- 
lagen sind zu ersetzen nach Maßgabe des Gerichtskostengesetzes. 
5. Zwangsvollstreckung. 
Durch Bekanntmachungen vom 8. Oktbr. und 10. Dezbr. 1914 
sind während des Krieges die Zwangsversteigerungen 
einigen Einschränkungen unterworfen. Bei der Versteigerung 
gepfändeter beweglicher Sachen durch den Gerichtsvollzieher soll 
der Zuschlag nicht unter der Hälfte des taxierten gewöhnlichen 
Verkaufswertes erteilt werden; bezüglich der Versteigerung von 
Grundstücken bestehen gewisse Widerspruchsrechte, welche einem 
Zuschlag unter zwei Dritteln vorbeugen sollen. 
Bei der Vollstreckung von Arteilen auf Wohnungsräumung 
sollen nach einer Verfügung des Justizministers vom Februar 1915 
die Gerichtsvollzieher stets feststellen, ob die zu exmittierende 
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