Contents: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 1. (1)

1##- Th. Schuchart 
blieben sämtliche Sahlungen aus, ebenso die Bestellungen. Es schien, als 
ob das gesamte Wirtschaftsleben zum Stillstand kommen sollte. Der Hrivat- 
güterversand wurde durch die Inanspruchnahme der Eisenbahn seitens der 
Heeresverwaltung vom ersten Augenblick an höchst empfindlich behindert 
und trug damit natürlich zur Steigerung der wirtschaftlichen Beklemmung 
bei. Indessen hat die Friedensorganisation des Wirtschaftslebens, dessen 
Führung durch Syndikate, Kartelle, Derbände und andere Dereinigungen 
privatwirtschaftlicher Art gekennzeichnet ist, schon nach kurzer Frist ein be- 
deutsames Maß von Anpassungsfähigkeit gezeigt. Wenn auch die Neu— 
gestaltung der Derhältnisse zunächst von Entschlüssen allgemeiner und weit- 
tragender Bedeutung zurückhielt, so muß betont werden, daß nach Uber- 
windung des ersten lähmenden Eindrucks der Mobilmachung allenthalben 
bei den staatlichen, kommunalen und sonstigen Wirtschafts= und Interessen- 
kreisen eine überraschend rege, vielfach auf gemeinnützige Susammenarbeit 
bestimmte Tätigkeit einsetzte. Mit ihrer Hilfe gelang es, in verhältnismäßig 
kurzer Seit die zahlreichen Schwierigkeiten der mit dem Kriegsausbruch 
eintretenden Krise wenigstens soweit zu lösen, daß die Weiterführung der 
Betriebe und ihre Anpassung an die geänderten Derhältnisse, soweit sie 
technisch und wirtschaftlich überbaupt möglich war, planmäßig begonnen 
werden konnte. Wie auf politischem Gebiete, so waren erfreulicherweise auch 
auf wirtschaftlichem mit einem Schlage alle Gegensätze vergessen. Der 
große Geist der Stunde fand in nationaler Einmütigkeit alle opferwillig. 
Wenn Frankreich, England und auch Esterreich-Ungarn ihre Volkswirtschaft 
nur langsamer an den Kriegszustand anzupassen vermochten, so ist das sicherlich 
zum guten Teil dem Mangel an ähnlich leistungsfähigen Grganisationen 
wirtschaftlicher Art zuzuschreiben. 
Die Dorbereitungen, die die Staatsbehörden für den Fall des Kriegs- 
ausbruchs getroffen hatten, waren zunächst natürlich vorwiegend militäri- 
scher Art. Heeres= und Marineverwaltung hatten in den langen Jahren 
des Friedens weitblickend und umsichtig Vorsorge getroffen, und zwar nicht 
nur auf dem verhältnismäßig eng umgrenzten militärischen, sondern auch 
auf dem verkehrstechnischen Gebiete. Der beste Beweis für die sorgfältige 
Vorbereitung in dieser Hinsicht liegt darin, daß es uns trotz der weit vor- 
geschrittenen Mobilmachung unserer Feinde gelang, noch fast alle wich- 
tigeren Grenzpunkte zu besetzen. Für die Weiterführung des deutschen 
Wirtschaftslebens und seine Anpassung an den Kriegszustand ist dies von 
der allergrößten Bedeutung geworden, insofern unsere eigene Wirtschaft 
von feindlichen Truppen unbehelligt blieb und es uns möglich war, schon 
nach kurzer Seit einen ganz erbeblichen Teil der Kriegslasten auf das feind- 
liche Ausland abzuwälzen, soweit sich aus ihm unsere Heere verpflegen 
konnten. Den deutschen Eisenbabhnen, die während der Seit des militärischen 
Aufmarsches in geradezu vorbildlicher Weise gearbeitet haben, gebührt das 
uneingeschränkte Verdienst, unsern Truppen diesen großen militärischen und 
wirtschaftlichen Erfolg verkehrstechnisch möglich gemacht zu haben. 
Mit dem gleich günstigen Ergebnis bewährte sich auf dem Gebiete des 
Bank= und Börsenwesens die Dorbereitung der Mobilmachung.