Object: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

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Menschen eine bestimmte Vorstellung mit Nothwendigkeit hervor-: 
riefe, und umgekehrt jeder Vorstellung ein mit ihr übereinstim-' 
mender Thatbestand entspräche. In Wirklichkeit ist aber weder 
das eine noch das andere der Fall; das: Errare humanum est, 
gilt leider auch für normal denkende Menschen. Höchstens 
könnte man unter Zuhilfnahme weiterer Voraussetzungen sagen, 
dass in der Vorstellung eines Menschen, es bestehe eine recht- 
liche Ordnung des und des Inhaltes, eine Rechtfertigung für die 
Behauptung enthalten sei, dass sie ihn verpflichte. Rechtliche 
Geltung einer Ordnung bedeutet aber hierüber hinausgehend, : 
dass beim Vorhandensein eines gewissen Thatbestandes ein Dürfen 
oder ein Sollen einer Person auch unabhängig von ihrem Wollen 
und ihrer Anerkennung eintritt (a. a. OÖ. S. 447). Warum soll 
denn aber die Vorstellung eines auch noch so normal denkenden 
Menschen für einen anderen, vielleicht nicht einmal normalen 
oder von falschen thatsächlichen Voraussetzungen ausgehenden 
verpflichtend sein?!° 
Dies ist zunächst nur eine Ausstellung ganz äusserlicher 
Art, führt uns aber auf einen Mangel der ZiTELMAnnN’schen Dar- 
legungen hin. Sie erläutern, und wie man gerne zugeben wird, 
in höchst geistvoller und auf feiner Beobachtung beruhenden 
Weise, die Bedeutung der „Geltung“ eines Rechtssatzes und 
enthalten werthvolle Fingerzeige für die Feststellung der Erfor- 
dernisse des Gewohnheitsrechtes!!, worauf es ja für die Praxis 
hauptsächlich ankommt. Aber mehr leisten sie auch nicht und. 
können sie nicht leisten. Und doch ist damit unserem Bedürf- 
nisse nicht genügt. Rechtssätze werden gegen den Verpflichteten 
10 Dass hier ein Sprung über eine unüberbrückbare Kluft gemacht wird, 
gibt ZITELMANN (S. 460) übrigens selbst zu. 
1 Eine zweifellose Grundlage vermag sie auch in dieser Beziehung 
nicht abzugeben, wie recht deutlich daraus erhellt, dass nach WmpschHem I 
8 16 Anm. 8 der normal denkende Mensch bei der Frage nach dem Einflusse 
des Irrthums auf die Verbindlichkeit einer Gewohnheit zu einem ganz an- 
deren Ergebnisse kommen soll als ZITELMANN. 
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