Begriff und Zweck des Staates. 13
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Sinne. Hat nun das Volk im Staate seine rechtliche Gestalt
erhalten, so wird das Land, auf welchem es seßhaft ist, zum Staats-
gebiet, über welches sich das Herrscherrecht der Staatsgewalt
sowohl hinsichtlich des Grundbesitzes, als auch hinsichtlich der
Menschen, welche sich auf demselben aufhalten, erstreckt. Gebicts-
körperschaft — Gebietshoheit.
3. Der Staat ist ein lebendiger, in sich geschlossener Organismus,
nicht eine bloße Gesellschaft (societas), wie dies auch die
Bezeichnungen: Staatskörperschaft, Staatsoberhaupt, Volkswillen,
Volksgeist, Volkscharakter 2c. ausdrücken.
Dieser Organismus ist zugleich ein selbstbewußtes, mit freiem
Willen handelndes Wesen, eine Persönlichkeit.
Der Wille der Staatspersönlichkeit wurzelt nicht etwa in einem
fingierten Gesamtwillen aller Einzelnen, aber ebensowenig in einer
überstaatlichen Macht des Herrschers, sondern lediglich in der
organischen anstaltlichen Natur des Staates selbst.
Zur Aecußerung des Willens bedarf indessen die an sich
abstrakte Staatspersönlichkeit einer besonderen Organisation.
Diese findet sich in der Verfassung des Landes, durch
welche bestimmt wird, wer als Träger der Staatsgewalt zur
Bekundung des Staatswillens berufen ist. Der Herrscher ist der
Repräsentant der Staates.
4. Jeder Staat, welcher Art auch seine Verfassung sei, zeigt
den Gegensatz zwischen Obrigkeit und Untertanen, zwischen
Regierung und Regierten. Die Aufhebung dieses Gegensatzes,
die unbeschränkte Gleichstellung aller Individuen ist unvereinbar
mit dem Wesen des Staates, welcher Organe haben muß nicht
nur, um den auf Erfüllung der Staatszwecke gerichteten Staats-
willen zu erforschen und in unzweifelhafter Form festzustellen,
sondern auch um diesen Willen der Gesamtheit dem widerstrebenden
Einzelwillen gegenüber zur Geltung zu bringen.
5. Die Aufgabe des Staates geht dahin, das Volksleben
zu seiner geschichtlichen Entwickelung zu entfalten, die Möglichkeit
für die Entwickelung der Gemeinzwecke des Volkslebens zu bieten.
Ihm liegt daher ob einesteils die Hindernisse zu beseitigen,
welche der vernunftgemäßen Entwickelung der individuellen Freiheit
entgegenstehen. Das geschieht vor allem durch Aufrichtung und
Wahrung der Rechtsordnung.