Verfassung des Deutschen Reichs. 495
Der Diensteid aller Reichsbeamten, deren Anstellung vom Kaiser
ausgeht, wird, sofern nicht durch Reichsgesetz eine andere Be-
stimmung getroffen ist, in nachstehender Form geleistet:
Ich N. N. schwöre zu Gott dem Allmächtigen und Allwissenden,
daß, nachdem ich zum Beamten des Deutschen Reichs bestellt
worden bin, ich in dieser meiner Eigenschaft Seiner Majestät dem
Deutschen Kaiser treu und gehorsam sein, die Reichsverfassung und
die Gesetze des Reichs beobachten und alle mir vermöge meines
Amtes obliegenden Pflichten nach meinem besten Wissen und Ge-
wissen genau erfüllen will, so wahr mir Gott helfe u. s. w.
Artikel 19.
Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmäßigen Bundespflichten
nicht erfüllen, können sie dazu im Wege der Exekution angehalten
werden. Diese Exekution ist vom Bundesrate zu beschließen und
vom Kaiser zu vollstrecken.
V. Reichstag.
Artikel 20.
Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen
mit geheimer Abstimmung hervor.
Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im § 5 des Wahl-
gesetzes vom 31. Mai 1869 (Bundesgesetzbl. 1869 S. 145) vor-
behalten ist, werden in Bayern 48, in Württemberg 17, in Baden 14,
in Hessen südlich des Main 6 Abgeordnete gewählt, und beträgt
demnach die Gesamtzahl der Abgeordneten 382.
Die gesetzliche Regelung ist noch nicht erfolgt. — Nach dem Reichs-
gesetz vom 25. Juni 1873 8§8 3, werden in Elsaß-Lothringen
15 Abgeordnete gewählt, so daß die Gesamtzahl der Reichs-
tagsabgeordneten 397 beträgt.
Artikel 21.
Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in den Reichstag.
Wenn ein Mitglied des Reichstages ein besoldetes Reichsamt
oder in einem Bundesstaat ein besoldetes Staatsamt annimmt oder
im Reichs= oder Staatsdienste in ein Amt eintritt, mit welchem
ein höherer Rang oder ein höheres Gehalt verbunden ist, so ver-
liert es Sitz und Stimme in dem Reichstag und kann seine Stelle
in demselben nur durch neue Wahl wieder erlangen.
Artikel 22.
Die Verhandlungen des Reichstags sind öffentlich.
Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffent-