18 Die Ministerverantwortlichkeit in Sachsen.
Unterbleibt diese Erklärung oder ist sie abermals nicht genügend, so wird
angenommen, es habe der Angeklagte jene Thatsachen und Umstände eingeräumt
(5. 29., 30. des Gesetzes). In den Motiven heißt es, daß man das dem Staats-
gerichtshofe eingeräumte Fragerecht und somit eine Verbindung des inquisitorischen
und instruktionsmäßigen Verfahrens mit den Maximen des Civilprozesses deshalb
angeordnet, um möglichste Aufklärung des faktischen und Uebereinstimmung des
materiellen und formellen Rechtes zu erlangen.
Landtagsakten a. a. O. S. 123.
S. 31.
Ebenso ist zu verfahren, wenn der Angeklagte bei Beantwortung der Klage
Thatsachen vorgebracht hat, die zum Behuf der Entscheidung der Sache eine
Antwort oder Erklärung des Gegners erheischen, wozu demselben eine vier-
wöchentliche Frist einzuräumen ist (s. 31. des Gesetzes).
8. 32.
Jeder Theil hat bei Aufstellung von Thatsachen, deren Beweis ihm obliegt,
zugleich die Beweismittel entweder sofort beizusügen, oder doch genau zu bezeich-
nen und zu beschreiben, soviel die Urkunden betrifft, mit Angabe des Orts, wo
solche sich befinden. In der Verfassungsurkunde §. 142. ist zwar von der sofor-
ligen Beibringung der Belege ausgegangen worden; man hat jedoch geglaubt,
daß es diesem Grundsatze nicht entgegen sei, die Angabe der Beweismittel nach-
zulassen, dafern sie sich nicht in den Händen der Parteien befinden.
Landtagsakten a. a. O. S. 123.
Für Herbeischaffung der in dem beiderseitigen Vorbringen angegebenen Be-
weismittel, wenn es deren noch, den Ergebnissen des Verfahrens nach, bedarf,
hat der Staatsgerichtshof Sorge zutragen, sofern sie sich nicht in den Händen
der Parteien befinden und genau (bei Urkunden auch dem Inhalte nach) ange-
geben werden (§. 32., 33. des Gesetzes).
8. 33.
Die Abhörung der von den Parteien angegebenen Zeugen erfolgt in Pleno
des Staatsgerichtshofes, unter Leitung der 8. 146. der Verfassungsurkunde er—
wähnten Mitglieder desselben — eines vom König ernannt und ein rechtskundiges
von den Ständen gewähltes — nach besonders von ihnen aufzustellenden Frage—
punkten.
Es ist den Parteien freigestellt, bei dieser Abhörung und zwar den Ange-
klagten betreffend, in Person oder durch einen Beauftragten, gegenwärtig zu sein.
Auch ist den Parteien unbenommen bei diesem Zeugenverhör das Gericht auf
Umstände noch aufmerksam zu machen, worüber die Zeugen zu befragen sind
(8. 34. des Gesetzes). "
Dieses Kreuzverhör entspricht den neueren Anschauungen, die seit Emanation
des Gesetzes bezüglich der Zeugenverhöre stattgefunden haben, und ist gewiß als
zweckmäßig anzuerkennen.