Full text: Die Ministerverantwortlichkeit und der Staatsgerichtshof im Königreich Sachsen.

20 Die Ministerverantwortlichkeit in Sachsen. 
gelten bei dem desfallsigen Verfahren die Regeln des bürgerlichen Prozesses 
G. 39. des sst. 4 
8 37. 
Vor der Entscheidung der Sache steht es jeder Partei frei, binnen 14 Tagen 
noch eine Deduktion bei dem Staatsgerichtshofe zu übergeben. Es beginnt die 
I4tägige Frist für den Anwalt mit dem Tage, an welchem der Staatsgerichtsh of 
den Parteien bekannt gemacht, daß die Akten zu ihrer Einsicht bereit seien; für 
den Angeklagten mit dem Tage, an welchem ihm die Deduktiön des Anwaltes 
zugefertigt oder bekannt gemacht wird, daß dieser eine solche nicht eingereicht 
habe. 
Jedoch kann hierbei auf die Mängel im Verfahren, welche ohne Schuld der 
Parteien durch das Gericht verhangen worden, aufmerksam gemacht und deren 
Verbesserung und Ergänzung beantragt werden. 
Mit Ablauf jener 14 Tage sind die Akten als geschlossen anzusehen und alle 
späteren Eingaben der Parteien sind nicht anzunehmen (§. 40. des Gesetzes). 
Man hat deshalb für gut befunden, den Parteien das im Civilprozesse 
übliche sogenannte Hauptverfahren zuzulassen, damit die Betheiligten eine voll- 
ständige Uebersicht der Sachlage gewinnen und die Beruhigung fassen können, 
daß Alles geschehen, was das Gesetz erfordert oder zuläßt. 
Landtagsakten a. a. O. S. 124. 
§. 38. 
Der Angeklagte hat das Recht, gegen den Ausspruch des Staatsgerichtshofes 
sich auf ein anderweites Erkenntniß zu berufen (§. 149. der Verfassungsurkunde). 
Diese Berufung hat er binnen 10 Tagen, von der Zeit der Publikation des Er- 
kenntnisses an, dem Staatsgerichtshof zu übergeben, auch steht ihm frei, binnen 
14 Tagen, von der Einwendung der Berufung an gerechnet, eine weitere Aus- 
führung seiner Beschwerde bei dem Staatsgerichtshofe einzureichen; die Besorgung 
und die Ausführung fertigt der Staatsgerichtshof dem Anwalt zu und dieser ist 
berechtigt, binnen 3 Wochen vom Tage der erwähnten Zufertigung an eine Ge- 
genausführung einzureichen (S. 41. des Gesetzes). 
In den meisten Verfassungsurkunden ist dem Angeklagten ein Rechtsmittel ge- 
gen das Erkenntniß des Staatsgerichtshofes gestattet, L. B. in Württemberg, Ver- 
fassungsurk. 1819 §. 204. (Revision und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand), 
Großherzogthum Hessen, Gesetz vom 5. Juli 1821 Art. 6. und 7.; die Revision 
bestimmt die Verfassungsurkunde in Sachsen-Coburg-Gotha 1852 §S. 171, Sachsen- 
Meiningen Verfassungsurkunde 1829 §. 88. Alinea 3. (enthaltend anderweite 
Vertheidigung) ebenso Oldenburg rev. Verfassungsurk. 1852 Anl. III. §. 20., 
Reuß j. L. Verfassungsurk. 1852 §. 114, Schwarzburg-Rudolstadt Verfassungsurk. 
1854 (verweist die Appellation an das Plenum des Appellationsgerichts) 
Der Ankläger, die anklagenden Stände besitzen gegen das Erkenntniß kein 
Rechtsmittel; wird also der Minister freigesprochen, so bewendet es unbedingt 
dabei. «
	        
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