Full text: Die Ministerverantwortlichkeit und der Staatsgerichtshof im Königreich Sachsen.

40 Die Ministerverantwoktlichkeit in Oesterreich. 
hungsweise sein Vertreter und Vertheidiger, denen jedenfalls das letzte Wort 
gebührt, mit der Vertheidigung gehört. 
Bleibt der Angeklagte und sein Vertreter bei der Hauptverhandlung aus, 
ohne aus Gründen, welche der Gerichtshof für genügend erachtet, um Verlegung 
der Tagfahrt gebeten zu haben, so wird die Verhandlung dennoch vorgenommen. 
Nach geschlossener Verhandlung zieht sich der Gerichtshof zur Berathung und 
Urtheilsfällung zurück. Zur Schuldigerklärung sind zwei Dritttheile der Stimmen 
erforderlich. Läßt sich die Zahl der anwesenden Richter mit drei nicht theilen, 
so ist zur Mehrheit eine Stimme weiter erforderlich, als zwei Dritttheile der 
nächstfolgenden geringeren Zahl, die mit drei getheilt werden kann. 
Im Falle der Verurtheilung ist zugleich über die Kosten zu entscheiden. 
Bezüglich derselben entscheidet einfache Stimmenmehrheit. Die durch Be- 
stellung und Einberufung des Staatsgerichtshofes veranlaßten Kosten bleiben 
übrigens jedenfalls der Staatskasse zur Last. 
Nach Verkündung des Urtheils in der öffentlichen Sitzung hat der Präsident des 
Staatsgerichtshofes eine Ausfertigung desselben dem Staatsoberhaupte mitzutheilen. 
Ein Rechtsmittel gegen das Urtheil findet nicht statt. 
Ist mit der Anklage ein Verweisungsantrag im Sinne von §. 67. c. der 
Verfassungsurkunde verbunden, oder nur ein solcher Antrag gestellt, und findet 
der Staatsgerichtshof diesen Antrag begründet, so verweist er den Beschuldigten 
zur Aburtheilung wegen des betreffenden Vergehens vor das zuständige ordent- 
liche Strafgericht und beauftragt die zuständige Staatsanwaltschaft mit der wei- 
teren Verfolgung der Sache. 
Einer gerichtlichen Voruntersuchung und eines gerichtlichen Verweisungs- 
beschlusses bedarf es in solchen Fällen nicht mehr. 
Richter, welche Mitglieder des Staatsgerichtshofes waren, können bei der 
strafgerichtlichen Erledigung der Sache nicht mitwirken. 
S. 50. 
Kaiserthum Oesterreich. 
In Oesterreich regelt ein Gesetz vom 25. Juli 1867 die Bestimmungen 
über die Verantwortlichkeit der Minister für die im Reichsrathe vertretenen Kö- 
nigreiche und Länder. 
Es enthält darüber in der Hauptsache Folgendes: 
Feder Regierungsakt des Kaisers bedarf zu seiner Gültigkeit der Gegenzeich- 
nung eines verantwortlichen Ministers. 
Die Mitglieder des Ministerrathes können vom Reichsrathe zur Verantwor- 
tung gezogen werden für alle innerhalb ihres amtlichen Wirkungskreises denselben 
zur Last fallenden Handlungen und Unterlassungen, wodurch sie vorsätzlich oder 
aus grober Fahrlässigkeit die Verfassung der im Reichsrathe vertretenen König- 
reiche und Länder, die Landesordnung eines derselben oder ein anderes Gesetz 
verletzen.
	        
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